Der Mensch hat im Laufe der Geschichte versucht, die Natur zu beherrschen, doch der Klimawandel zeigt, dass dies bislang nicht gelungen ist. Vincenzo Levizzani, ein renommierter Wolkenphysiker und Forschungsleiter am Institut für Atmosphärenwissenschaften und Klima, hat das Buch “Das Geheimnis der Wolken – Handbuch zum Lesen des Himmels” veröffentlicht. In einem aktuellen Gespräch erörtert Levizzani die Herausforderungen der Wettermanipulation, kostspielige Lösungen zur Bekämpfung des Klimawandels und die Geheimnisse der Wolken.
ECNETNews: Herr Levizzani, wann wird der Mensch die Kontrolle über das Wetter erlangen?
Vincenzo Levizzani: Diese Frage ist berechtigt. Die Wettermanipulation wird schon seit Jahrzehnten erforscht, begann unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, jedoch ohne nennenswerte Erfolge.
Warum gelingt es nicht, die Wolken zu kontrollieren?
Levizzani: Um dies zu verstehen, muss man wissen, wie Wolken entstehen. Menschen glauben oft, dass Wasserdampf und erwärmte Luft ausreichen, um Wolken zu bilden. Das stimmt nur teilweise. Wichtige Elemente, wie Kondensationskeime, bleiben oft unberücksichtigt. Diese bestehen aus Aerosolpartikeln, die natürlichen Ursprungs wie Meersalz, Pollen und Staub oder aus menschlichen Aktivitäten stammen können.
Was hat es mit dem Phänomen “roter Regen” auf sich?
Ja, das Entstehen von rotem Regen kann durch Wüstensand als Kondensationskeim erklärt werden. Auch Salzwasser aus dem Meer spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Warum ist das Wettermanipulationsprojekt gescheitert?
Wissenschaftler der US Army waren überzeugt, dass man Wolken mit Aerosolpartikeln “befruchten” könnte, um Niederschläge hervorzurufen. Physikalisch ist diese Idee zwar nicht falsch, in der Praxis funktioniert sie jedoch kaum, da die Wolken zu unterschiedlich sind und verschiedene Umweltbedingungen eine Rolle spielen. Die Forschung wurde in den USA, Israel und Südafrika eingestellt, während China und die Vereinigten Arabischen Emirate weiter daran arbeiten.
Was versteht man unter dem Ausbleichen der Wolken?
Hierbei handelt es sich um einen feinen, salzhaltigen Nebel, der in Wolken injiziert wird, um deren Eigenschaften zu beeinflussen. Dies könnte durch autonome, computergesteuerte Katamarane auf See geschehen, die Meerwasser verdampfen und Salzpartikel in die Atmosphäre abgeben.
Sie zitieren den verstorbenen Wissenschaftler Stephen H. Salter, der eine Senkung der Erderwärmung um 1,5 Grad Celsius durch Verdampfung von Meerwasser plante.
Die Idee basiert auf der Annahme, dass weißere Wolken mehr Sonnenstrahlen ins All reflektieren können, was helfen könnte, die Erderwärmung zu reduzieren.
Die Herausforderungen der Finanzierung bleiben jedoch bestehen.
Richtig. Obwohl die Umweltbelastung durch Meeressalz gering ist, würden die Kosten für ein solches Projekt enorm sein, mit Schätzungen von 100 bis 200 Millionen Dollar jährlich. Zudem müsste die Umsetzung über ein Jahrzehnt hinweg erfolgen.
Wie lernen Wolkenphysiker? Was ist das Ziel ihrer Forschung?
Wolkenphysiker sind darauf spezialisiert, die Struktur und das Auftreten von Wolken zu verstehen. Sie untersuchen die verschiedenen Elemente, aus denen Wolken bestehen, und deren Fähigkeit, Niederschläge zu erzeugen.
Wie viel wiegt eine Wolke?
Eine Gewitterwolke kann mehrere Tonnen wiegen, was erstaunt. Diese Menge bleibt jedoch in der Luft, da Wolken aus winzigen, leichten Partikeln bestehen, was ihr spezifisches Gewicht verringert.
Hat der Klimawandel die Wolkenbildung beeinflusst?
Das ist eine komplexe Frage. Es gibt Hinweise darauf, dass sich Wolkendecken, wie die Stratocumuli über den Ozeanen, aufgrund der Erderwärmung verändern. Auch wenn die jährliche Niederschlagsmenge konstant bleibt, variiert die Intensität und Verteilung des Regens stark.
Die Menschen können die Wolkensprache lernen. Wie funktioniert das?
Indem man sich Zeit nimmt, die Wolken zu beobachten und ihre Veränderungen zu erfassen. Mit etwas Übung können Menschen verschiedene Wolkenarten identifizieren und besser verstehen, was sich über unseren Köpfen abspielt.