Interview
Die AfD hat in jüngeren Wählergruppen signifikant an Zustimmung gewonnen. Was sind die Ursachen? Krisen spielen eine zentrale Rolle, wie Erziehungswissenschaftler erklären. Dazu kommen traditionelle Rollenbilder, die bei der jungen Wählerschaft Anklang finden.
Aktuelle Umfragen zeigen: Bei den jüngsten Landtagswahlen in Ostdeutschland konnte die AfD besonders bei der Altersgruppe der 16- bis 24-Jährigen zulegen. Wie steht es um das politische Interesse junger Menschen in Deutschland?
Erziehungswissenschaftler: In den letzten Jahren gab es eine Verschiebung. Zuvor waren progressive Parteien wie die Grünen und die Linke bei der Jugend sehr beliebt. Inzwischen hat die AfD diese Zustimmung überholt, und die Wahlentscheidungen zeigen weniger Fortschrittlichkeit.
Die Zustimmung zur AfD übersteigt mittlerweile die anderer Parteien. Diese Entwicklung ist nicht nur auf Ostdeutschland beschränkt, sondern zeigt sich auch bei den Europawahlen, wo die AfD ebenfalls stark abschneidet.
Wahlergebnisse bei jungen Menschen
In Brandenburg legte die AfD unter den 16- bis 24-Jährigen um 13 Prozentpunkte zu. In Thüringen, wo ab 18 Jahren gewählt werden kann, betrug der Anstieg 15 Prozentpunkte, was der höchste Wert in dieser Altersgruppe ist. In Sachsen lag das Plus bei 11 Prozentpunkten, auch hier übertraf die AfD alle anderen Parteien.
“Ein großes und einfaches Versprechen”
Was macht die AfD für junge Menschen in dieser Situation attraktiv?
Erziehungswissenschaftler: Die AfD bietet in unsicheren Zeiten einfache Lösungen an. Sie ignoriert viele bestehende Krisen, wie die Klimakrise, und vermittelt so entlastende Botschaften. Die Fokussierung auf Migration als Hauptproblem schafft einen klaren, wenn auch trügerischen Zusammenhang und bietet vermeintliche Lösungsansätze.
Zudem spricht die AfD gezielt junge Männer an, indem sie an traditionellen Geschlechterrollen festhält und Bilder von starkem, maskulinem Verhalten vermittelt.
Wie erreicht die AfD mit ihrer Ansprache die Jugend?
Experte: Die Präsenz der AfD in sozialen Medien übertrifft die der etablierten Parteien und vermittelt Jugendlichen das Gefühl, ernst genommen zu werden. Viele Jugendliche informieren sich mittlerweile hauptsächlich über Plattformen, wo die AfD eine dominante Position einnimmt.
“Es ist eine Inszenierung von Harmlosigkeit”
Gibt es Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland?
Experte: Ja, die Zustimmung zur AfD ist in Ostdeutschland im Allgemeinen höher. Dies hängt auch mit spezifischen Erfahrungen und Perspektiven der Jugendlichen zusammen, wie beispielsweise der Wahrnehmung von Benachteiligungen gegenüber Westdeutschland.
Was kann die Politik tun, um auf dieses Wahlverhalten zu reagieren?
Experte: Es wäre wertvoll, wenn die etablierten Parteien ihre Präsenz und Kommunikation in sozialen Medien verstärken und Jugendliche aktiv ansprechen, um das Gefühl zu vermitteln, dass ihre Anliegen gehört werden. Zudem sollten sie deutlich machen, was die AfD tatsächlich plant, und sich aktiv mit ihrer Rhetorik auseinandersetzen.
Die Herausforderungen: Aktuell hat die AfD ein Alleinstellungsmerkmal, indem sie komplexe Themen stark vereinfacht und damit bei Wählern punktet. Diese Fragestellungen müssen offensiv thematisiert und dekonstruiert werden.