Analyse
Bundesverkehrsministerium: Erfolge und Herausforderungen unter Volker Wissing
Bundesverkehrsminister Volker Wissing blickt insgesamt zufrieden auf die Reformen und Sanierungen bei der Deutschen Bahn zurück, trotz der gravierenden Herausforderungen, die zu Beginn seiner Amtszeit prägnant erkennbar wurden.
Wissing stellte fest, dass die Bahn jahrelang vernachlässigt wurde und durch chronische Unterfinanzierung an ihre Grenzen gestoßen ist. Er betonte mehrmals: “So wie es ist, kann es nicht bleiben.”
Ziel: Pünktlichkeit der Bahn wiederherstellen
Wissing hat ein umfassendes Sanierungsprogramm für rund 40 stark frequentierte Strecken bis 2030 ins Leben gerufen, um die Bahn “wieder pünktlich und zuverlässig” zu machen. Die erste erfolgreiche Maßnahme war die Sanierung der Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim, die planmäßig in nur fünf Monaten abgeschlossen wurde.
Das Generalsanierungskonzept sieht die vollständige Sperrung von Strecken vor, um sämtliche Arbeiten zügig und effizient abzuschließen, ein Ansatz, der in der Vergangenheit oft zu jahrelangen Verzögerungen führte.
Selbst das Branchenforum Allianz pro Schiene, das sonst kritisch gegenüber der Verkehrspolitik des Bundes ist, erkennt die Fortschritte an, insbesondere weil Wissing mehr Geld für die Bahn bereitgestellt hat als seine Vorgänger.
Allerdings fordern einige Oppositionspolitiker nach wie vor mehr Investitionen in die Schieneninfrastruktur. Dirk Flege von der Allianz pro Schiene fordert eine längere finanzielle Planung für Generalsanierungen über 2027 hinaus.
Kritiker weisen darauf hin, dass Wissing möglicherweise den Ausbau des Schienennetzes in ländlichen Gebieten vernachlässigt, indem er sich zu sehr auf Generalsanierungen konzentriert.
CO2-Reduktionsziele bleiben unerreicht
Auch die Denkfabrik Agora Verkehrswende äußert sich positiv zur Bahnsanierung, sieht jedoch die Bilanz der Ampelkoalition als unzureichend an. Christian Hochfeld kritisiert die Streichung sektoraler Klimaziele, die eine separate Betrachtung von CO2-Emissionen im Verkehrssektor unmöglich macht.
Gesetzespaket zur ‘Planungsbeschleunigung’: Gemischte Reaktionen
Das neue Gesetz zur “Planungsbeschleunigung”, das Genehmigungsverfahren vereinfachen soll, stößt auf unterschiedliche Resonanz. Während Wirtschaftsverbände die Initiative begrüßen, warnen Umweltorganisationen vor möglichen negativen Auswirkungen auf Umweltstandards und die öffentliche Beteiligung.
Ein Bericht der Deutschen Industrie- und Handelskammer kritisiert derweil die schleppende Umsetzbarkeit der geplanten Maßnahmen.
Deutschlandticket als Erfolgsprojekt
Unter Wissing gilt das Deutschlandticket als eines der größten Projekte seiner Amtszeit. Im Mai 2023 eingeführt, bietet es für 49 Euro eine landesweite Nutzung im öffentlichen Nahverkehr und hat etwa 13 Millionen Kunden gewonnen. Dieses Angebot hat den Nahverkehr erheblich vereinfacht und die Nutzung von Bus und Bahn gefördert.
Neben der Erschwinglichkeit verfolgt Wissing mit dem Deutschlandticket auch Ziele in der Digitalisierung des Nahverkehrs, um Fahrgastdaten besser auszuwerten und die Planung kundenfreundlicher zu gestalten.
Die Einführung des Deutschlandtickets soll auch die Anzahl der Verkehrsverbünde verringern, um finanzielle Mittel effektiver zu nutzen. Experten zufolge gibt es jedoch bisher keine Fortschritte in dieser Hinsicht.
Widerspruch gegen das Verbot von Verbrennungsmotoren
Eine der umstrittensten Entscheidungen der Ampel-Regierung war das Veto gegen das Verbot von Neuzulassungen von Verbrennungsmotoren, das eigentlich ab 2035 gelten sollte. Infolge von Druck durch die FDP wurde die Möglichkeit geschaffen, weiterhin Verbrennungsmotoren zuzulassen, sofern diese mit emissionsfreien Kraftstoffen betrieben werden.
Kritiker argumentieren, dass diese Entscheidung sowohl Verbraucher als auch Industrie verunsichert hat. Zudem wird befürchtet, dass die Bundesregierung die Interessen der deutschen Automobilindustrie über die Klimaziele stellt.
Internationale Entwicklungen deuten jedoch darauf hin, dass das Ende des Verbrenners schneller realisiert werden könnte als zunächst angenommen, so Hochfeld von Agora Verkehrswende.
E-Auto-Markt gerät ins Stocken
Während im Koalitionsvertrag groß angekündigt wurde, dass bis 2030 15 Millionen E-Autos in Deutschland auf den Straßen sein sollten, wird dieses Ziel zunehmend als unrealistisch wahrgenommen. Der hohe Preis der deutschen Modelle im Vergleich zu Konkurrenzprodukten, insbesondere aus China, stellt eine wesentliche Hürde dar.
Die Ampel-Regierung hat zwar Fortschritte gemacht, es fehlen jedoch vielerorts Ladestationen, und eine kürzlich gestrichene Kaufprämie hat die Kaufbereitschaft ebenfalls beeinträchtigt.
Die Unsicherheit über die Zukunft von E-Fuels und die mehrfachen politischen Diskussionen haben zu einem Rückgang des Absatzes von E-Autos um rund 20 Prozent im Jahr 2024 geführt.