Grenzkontrollen im Westen
Umfassende Grenzkontrollen von der Polizei eingeleitet
16.09.2024, 02:49 Uhr
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Zur Bekämpfung illegaler Migration hat die Bundesregierung umfassende Kontrollen an allen deutschen Grenzen angeordnet. Seit Mitternacht führt die Polizei im Westen erste Stichproben durch, während die Kontrollen im Norden ab Montag folgen sollen. Die Union erachtet dies jedoch als unzureichend.
Deutschland hat die bestehenden Grenzkontrollen im Osten und Süden auf die Landgrenze im Westen ausgeweitet. Seit Mitternacht überprüfen Beamte in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen die Grenzen zu Belgien und den Niederlanden, wie die Bundespolizei meldete. Ab Montag sollen auch die Grenzen nach Luxemburg und Dänemark kontrolliert werden.
Diese zusätzlichen Kontrollen sollen zunächst für einen Zeitraum von sechs Monaten gelten, um die Zahl unerlaubter Einreisen zu minimieren. Der Pendler- und Reiseverkehr soll dabei so wenig wie möglich beeinträchtigt werden. Grenzkontrollen sind im Schengen-Raum nicht vorgesehen. Bisher hatte die Bundespolizei nur an den Grenzen zu Polen, Tschechien, Österreich, der Schweiz und seit den Olympischen Spielen in Paris auch Frankreich Kontrollmaßnahmen getroffen. Seit Mitternacht sind die rechtlichen Voraussetzungen für diese erweiterten Kontrollen geschaffen.
Innenminister betont Notwendigkeit der Kontrollen
Innenministerin Nancy Faeser erklärte: “Diese Maßnahme ist dringend erforderlich, um die irreguläre Migration weiter zu reduzieren.” Sie hatte angeordnet, dass ab Montag an allen Landgrenzen feste Kontrollen eingerichtet werden.
Ein Sprecher der Bundespolizei bestätigte, dass in Niedersachsen zusätzliche Beamte im Einsatz sind. Diese kontrollieren Einreisende aus den Niederlanden an festgelegten Kontrollpunkten auf Autobahnen und Bundesstraßen. In Nordrhein-Westfalen haben Bundespolizisten ähnliche Maßnahmen an der Autobahn 44 bei Aachen ergriffen.
Ziele der Grenzkontrollen
Stationäre Grenzkontrollen ermöglichen die Zurückweisung bestimmter Migranten direkt an der Grenze, was weniger aufwendig ist als eine spätere Ausweisung. Laut Bundesinnenministerium gab es seit Oktober 2023 über 30.000 Zurückweisungen an den deutschen Grenzen. Zurückgewiesen werden derzeit Ausländer, die keinen Asylantrag stellen und solche, die einem Einreiseverbot unterliegen.
Eine Forderung nach umfassenderen Zurückweisungen wurde von der Ampel-Koalition aufgrund europarechtlicher Bedenken abgelehnt.
Reaktionen der Nachbarländer
Österreich und Polen haben Bedenken zur Ausweitung der Grenzkontrollen geäußert. Bundeskanzler Olaf Scholz betonte, dass Gespräche mit den Nachbarländern im Gange sind. “Wir bewegen uns im Rahmen des europäischen Rechts und wollen unsere Möglichkeiten maximal nutzen, um die irreguläre Migration zu bewältigen,” erklärte Scholz.
Die Grünen äußern Skepsis. Nordrhein-Westfalens Vize-Ministerpräsidentin Mona Neubaur hinterfragt die Effektivität der Grenzkontrollen angesichts der personellen Ressourcen der Bundespolizei.
Faeser plante die Ausweitung der Kontrollen bei der EU-Kommission anzumelden, um die Belastung Deutschlands durch irreguläre Migration zu begründen. Diese Kontrollen sind zunächst für sechs Monate vorgesehen, jedoch haben frühere Erfahrungen gezeigt, dass solche Maßnahmen oft länger andauern als angedacht.
Forderungen der Union
Die Union hält die Kontrollen für unzureichend im Kampf gegen irreguläre Zuwanderung. CSU-Fraktionschef Alexander Dobrindt kritisierte die Regierung und bezeichnete deren Zurückweisungen als unzureichend. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul forderte zusätzliche Gespräche über mögliche Lösungen.
CDU-Vorsitzender Friedrich Merz signalisierte seine Bereitschaft zu einem Dialog mit Kanzler Scholz, jedoch blieb unklar, ob eine solche Einladung ausgesprochen wird.