Hintergrund
Die Ostsee sieht sich vermehrt mit mutmaßlichen Sabotageakten konfrontiert, die möglicherweise aus Russland orchestriert werden. Die Herausforderung des effektiven Schutzes dieses Binnenmeeres stellt Deutschland und die NATO vor neue Probleme.
Ein beschädigtes Unterwasserkabel zwischen Estland und Finnland wirft Fragen auf. Ein verdächtiger Öltanker, der aus Sankt Petersburg kam, soll das Kabel beim Schleifen seines Ankers beschädigt haben. Sicherheitsexperte Moritz Brake erläutert: “Es passt ins Bild einer gegen den Westen gerichteten hybriden Strategie, die direkt unsere Interessen und die Lebensrealität in Europa gefährdet.”
Brake fügt hinzu, dass die Gefahren dieser Strategie von vielen unterschätzt werden. “Deutschland braucht oft länger, um sich der Realität zu stellen. Russlands Vorgehen geht längst über Datenbeschaffung und Drohgebärden hinaus.”
Putins hybride Kriegsführung
Auch wenn die Ermittlungen noch laufen, macht Außenministerin Annalena Baerbock kein Hehl aus ihren Verdachtsmomenten gegenüber Russland. Bei einem Besuch in Finnland erklärte sie: “Der russische Angriffskrieg gefährdet unsere friedliche Ostsee. Die Anrainerstaaten erleben firsthand, was Putins hybride Kriegsführung bedeutet.”
Finnland berichtete von Verletzungen seines Luftraums durch russische Kampfjets. Im Baltikum kam es zu GPS-Signalstörungen, die das Landen von Flugzeugen beeinträchtigten. Gleichzeitig wurden zahlreiche wichtige Strom- und Datenkabel am Meeresgrund beschädigt.
Sofortige Reaktion notwendig
Um die Ostsee besser zu überwachen, ist ein maritimes Hauptquartier in Rostock eingerichtet worden, das Personal aus verschiedenen NATO-Staaten umfasst. Die Bundeswehr hat ihre Präsenz mit zusätzlichen Kriegsschiffen verstärkt.
Trotz der Unterstützung bleibt das Unterfangen schwierig, da tausende von Schiffen in der Region unterwegs sind. Sicherheitsexperte Brake betont die Notwendigkeit sofortiger Maßnahmen bei Verdachtsmomenten, um weiteren Schaden zu verhindern.
Große Sorge beim BND
Laut Bruno Kahl, dem Leiter des Bundesnachrichtendienstes, könnte die Entdeckung einer Sabotageaktion nur der Anfang sein. Er warnte den Bundestag, dass hybride Angriffe zunehmen könnten, mit potenziell dramatischen Konsequenzen für die NATO.
Rote Linie? – Berlin zögert
Es könnte entscheidend werden, ob die NATO eine Sabotage als Angriff auf das gesamte Bündnis interpretiert und entsprechend reagiert.
Die Bundesregierung meidet momentan die heiklen Diskussionen und stellt fest, dass der Schutz kritischer Infrastruktur von großer Bedeutung ist. Mögliche Reaktionen auf Sabotageakte gegen diese Infrastruktur werden eng mit den Alliierten abgestimmt.
Ob eine Rote Linie möglicherweise schon überschritten wurde, bleibt ungewiss. Die hybriden Angriffe, insbesondere in der Ostsee, werden voraussichtlich anhalten.