Odenthal kämpft mit der Unterbringung von Geflüchteten: Bürgermeister fordert konsequente Abschiebung von Menschen ohne Bleibeperspektive.
Eine vierköpfige Familie aus der Ukraine lebt in einem six Quadratmeter großen Raum ohne Fenster in der nordrhein-westfälischen Gemeinde Odenthal. Claudia Kruse, die Integrationsbeauftragte der Gemeinde, zeigt sich betroffen über die Lebensbedingungen. „Es gibt keine andere Lösung“, sagt sie, während die Gemeinde im Bergischen Land, nahe Köln, mit der ansteigenden Zahl der Geflüchteten kämpft.
Jede Woche erhält Kruse neue Zuweisungen von der Bezirksregierung, was sie als „Betten-Tetris“ bezeichnet. „Es ist ein logistisches Meisterwerk, das die Kommunen vollbringen müssen“, erklärt sie. Oft müssen mehrere Personen umziehen, um Platz für Neuankömmlinge zu schaffen.
“Die Menschen irgendwie unterbringen”
Aktuell leben 565 Geflüchtete in Odenthal, was etwa 50 mehr sind als im letzten Herbst und drei Mal so viele wie 2015. In der Theorie haben diese Menschen Anspruch auf Integrationsleistungen, aber in der Praxis konzentriert man sich lediglich darauf, sie „irgendwie unterzubringen“, sagt Kruse. Hierbei werden häufig auch ungeeignete Räumlichkeiten genutzt.
Kruse äußert ihren Unmut darüber, dass Familien unter solchen Umständen leben müssen. „Das hat nichts mit Würde zu tun“, sagt sie. „Und wo bleibt meine Würde, wenn ich über meine Werte hinweggehen muss, um Menschen zu helfen?“
Ein Viertel mit abgelehntem Asylantrag
Bürgermeister Robert Lennerts zeigt sich frustriert über die Flüchtlingspolitik in Deutschland. Obwohl er seit 2015 im Amt ist und den ersten großen Anstieg von Geflüchteten organisiert hat, ist die derzeitige Situation nicht mehr tragbar. Er kündigt an, im kommenden Jahr nicht wieder für das Amt zu kandidieren.
Besonders enttäuscht ist Lennerts über die Zuweisungen von Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wurde. Dies betrifft ein Viertel der in Odenthal untergebrachten Personen. Die geringe Zahl der Abschiebungen während seiner Amtszeit führt zu Unmut in der Bevölkerung. „Wir spüren, dass die Stimmung gekippt ist“, sagt er.
Asylgesetz regelt Zuweisungen an Kommunen
Laut dem nordrhein-westfälischen Integrationsministerium ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass Menschen, die länger als 18 Monate in einer Landeseinrichtung wohnen, einer Kommune zugewiesen werden, selbst wenn ihr Asylantrag abgelehnt wurde.
Eine Ausnahme gilt für Asylsuchende aus sicheren Herkunftsstaaten wie der Türkei, die bis zur Ausreise in einer Einrichtung bleiben müssen. Minderjährige und ihre Familien werden hingegen nach maximal sechs Monaten einer Kommune zugewiesen, unabhängig von ihrem Asylstatus.
“Reinlassen, durchlassen”
Claudia Kruse hebt die Herausforderungen hervor: „Wir möchten uns um alle Menschen kümmern, aber unsere Ressourcen sind begrenzt.“ Sie kritisiert, dass die politische Sichtweise häufig nur auf das „Reinlassen und Durchlassen“ abzielt, ohne die individuellen Schicksale zu berücksichtigen.
Kruse fordert eine differenzierte Betrachtung der Situation. „Wir sollten uns auf die Menschen konzentrieren, die in Deutschland eine Zukunft suchen“, sagt sie und äußert wenig Hoffnung in die angekündigten verstärkten Grenzkontrollen, da sie von der Politik oft enttäuscht worden sei.