Estland, Lettland, Litauen
Entkoppelung von Russland: Lehren für Deutschland aus dem Baltikum
07.02.2025, 15:27 Uhr
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Die drei baltischen Staaten trennen sich endgültig vom russischen Stromnetz, was mit höheren Elektrizitätskosten verbunden ist. “Das ist ein Preis, den es sich für Unabhängigkeit und Sicherheit zu zahlen lohnt,” erklärt die estnische Klimaministerin Yoko Alender.
Am 8. Februar 2025 vollziehen Estland, Lettland und Litauen einen historischen Schritt und koppeln sich vollständig vom BRELL-Netz ab, das auf sowjetischer Infrastruktur basiert. Gleichzeitig integrieren sie sich in das kontinentaleuropäische Stromnetz.
Die baltischen Staaten haben mit Unterstützung der Europäischen Union neue Infrastrukturen aufgebaut, die zwar zu leicht erhöhten Elektrizitätspreisen führen, jedoch die Energieunabhängigkeit sichern. Diese Entscheidung macht die baltischen Länder weniger erpressbar durch Russland – ein wichtiges Beispiel für Deutschland.
Lehren aus dem Baltikum: Souveränität hat ihren Preis
Der Weg zur Energieunabhängigkeit war für die baltischen Staaten ein jahrzehntelanger Prozess. Trotz des NATO- und EU-Beitritts 2004 blieb die Elektrizitätsinfrastruktur stark mit dem russischen Netzwerk verbunden. Der russische Überfall auf die Ukraine beschleunigte die letzten Schritte zur Unabhängigkeit. Ein moderater Anstieg der Stromkosten um bis zu einem Euro pro Monat pro Haushalt wird erwartet, aber die Esten sehen dies als gerechtfertigten Preis für Sicherheit und Autonomie.
Im Gegensatz zu Deutschland wurde der Preis der Energiesicherheit in den baltischen Ländern offen diskutiert, da er zentraler Bestandteil ihrer nationalen Sicherheitsstrategien ist. Die Abhängigkeit von einem geopolitischen Gegner wie Russland wird als ernstes Risiko erkannt.
Kosten der Abhängigkeit übertreffen die Kosten der Unabhängigkeit
Deutschland sollte diese Denkweise auch auf seine Wirtschaftsbeziehungen zu China anwenden. Eine Diversifizierung der Industrie und Handelsbeziehungen, der Ausbau erneuerbarer Energien und die Reduzierung russischer und chinesischer Importe sind sicherheitspolitisch geboten. Das Beispiel Litauens zeigt, dass man auch als kleiner Staat Mut beweisen kann. Trotz wirtschaftlicher Sanktionen Chinas nach der Eröffnung einer Vertretung Taiwans in Vilnius, hat Litauen 2023 keine Zugeständnisse gemacht.
Die Sorgen in Deutschland über mögliche höhere Kosten durch eine Abkopplung von der chinesischen Wirtschaft verdecken die weit größeren Risiken, die von autoritären Regimen ausgehen. Die langfristigen Vorteile einer souveränen Entkopplungspolitik überwiegen die kurzfristigen finanziellen Belastungen, wie die Erfahrung der baltischen Staaten eindrucksvoll zeigt.