FAQ
Die Bundesregierung steht vor Herausforderungen, die Haushaltslöcher durch kreative finanzielle Strategien zu schließen. Dies führt zu Spannungen innerhalb der Koalition und einem klaren Befehl des Kanzlers an den Finanzminister. Was steckt dahinter?
Bis zum 16. August soll die endgültige Haushaltsplanung für das kommende Jahr dem Bundestag vorgelegt werden. Dennoch bleibt die Vorlage unvollständig, obwohl sie 1.437 Seiten umfasst.
Warum fehlen noch Milliarden im Haushalt?
Nach intensiven Verhandlungen einigten sich die Spitzen der Regierungskoalition Anfang Juli auf einen Entwurf für den Bundeshaushalt 2025. Kanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner kündigten die Ergebnisse nach einer langen Nacht an.
Diese Einigung beinhaltete jedoch noch Unklarheiten. Insbesondere die “Globale Minderausgabe” erfordert weitere Klärungen, da erwartet wird, dass im Laufe des Haushaltsjahres nicht alle Projekte durchgeführt werden können. Dies bedeutet, dass möglicherweise einige Milliarden des insgesamt 480 Milliarden Euro schweren Haushaltsentwurfs nicht benötigt werden.
Global Minderausgaben sind üblicherweise Teil nahezu jeden Haushalts, jedoch wurde der entsprechende Posten im aktuellen Entwurf mit 17 Milliarden Euro ungewöhnlich hoch angesetzt. Die Regierung plant, diesen Betrag bis zur formellen Einreichung an den Bundestag deutlich zu reduzieren.
Welche “Kunstgriffe” wurden geprüft?
Die Vorschläge zur Reduzierung der globalen Minderausgabe stammen u.a. aus dem Kanzleramt sowie von einem in Berlin ansässigen Denkfabrik. Eine Idee ist, dass der Bund der Deutschen Bahn und der Autobahngesellschaft statt geplanter Zuschüsse Darlehen gewähren könnte. Diese Darlehen würden als “finanzielle Transaktionen” behandelt und nicht auf die Schuldenbremse angerechnet.
Dies würde bedeuten, dass die Milliardenlücke durch zusätzliche Kredite geschlossen werden müsste, was die Neuverschuldung von geplanten 43,8 Milliarden Euro auf über 50 Milliarden Euro steigen lassen würde.
Was haben die Gutachten ergeben?
In der Kabinettsvorlage war eine gründliche rechtliche und wirtschaftliche Prüfung der Überlegungen vorgesehen. Gutachten wurden unter anderem erstellt, die detaillierte Analysen der Vorschläge bieten.
Die Experten stimmten überein, dass eine Umwidmung übrig gebliebener Gelder aus der Gaspreisbremse die Haushaltslücke um etwa fünf Milliarden Euro verringern könnte. Diese Mittel stammen jedoch aus Krediten, die aufgrund einer Haushaltsnotlage aufgenommen wurden.
Solche Umwidmungen stehen jedoch im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und sind daher als unzulässig zu betrachten.
Die beiden weiteren Überlegungen, die Gelder an die Bahn und die Autobahngesellschaft umzufinanzieren, wurden unterschiedlich bewertet. Experten äußern erhebliche Bedenken hinsichtlich der wirtschaftlichen Tragfähigkeit solcher Maßnahmen, da der Bund letztendlich für die Rückzahlung der Darlehen verantwortlich wäre.
Der Jurist erörtert zudem, dass potenzielle rechtliche Risiken durch geeignete Maßnahmen verringert werden könnten, um den Zugang zu eigenen Einnahmen für die Beförderungsunternehmen zu ermöglichen.
Wie kommt es zu den politischen Bewertungen?
Nach Bekanntwerden der Gutachten äußerten sich Regierungsvertreter zur rechtlichen Bewertung. Eine Erhöhung des Eigenkapitals für die Bahn könnte bereits Einsparungen von bis zu 3,6 Milliarden Euro bringen.
Die Umwidmung der verbleibenden Gaspreis-Milliarden gilt als ausgeschlossen. Zudem zeigt sich die Finanzverwaltung skeptisch gegenüber möglichen Darlehen an die Autobahngesellschaft, da die Voraussetzungen dafür als unrealistisch erachtet werden.
Bundeskanzler Scholz äußerte sich optimistisch über die Umsetzbarkeit der rechtlichen Gutachten und stellte in Frage, wie das klare Ergebnis zunächst falsch interpretiert werden konnte, was als Kritik an Finanzminister Lindner gewertet wurde.
Wie geht es jetzt weiter?
Laut Scholz’ Sprecherin laufen nun intensive Gespräche, um festzustellen, ob der Haushaltsentwurf vor der Einreichung am 16. August überarbeitet werden kann und ob der Zeitplan weiterhin eingehalten werden kann.
Veränderungen sind im parlamentarischen Verfahren grundsätzlich möglich, dennoch hat Finanzminister Lindner erklärt, dass er sich nicht wieder auf einen Kompromiss einlassen will, der möglicherweise rechtlichen Herausforderungen gegenübersteht. Der Konflikt innerhalb der Koalition bleibt somit bestehen.