Eine aktuelle Studie zeigt, dass in ostdeutschen Kommunen die politische “Brandmauer” bereits Risse aufweist und mit dem Rechtsruck im Sommer weiterer Druck auf diese Barriere ausgeübt wird. Die AfD verfolgt zunehmend strategische Ansätze, um in der politischen Landschaft Fuß zu fassen.
Alex Theile, ein Kommunalpolitiker aus dem Landkreis Bautzen, äußerte sich nach einem Vorfall im Kreistag, der die Wahl des AfD-Kandidaten Frank Peschel zum ersten stellvertretenden Landrat beinhaltete. Theile zeigte sich über das Verhalten der CDU-Abgeordneten empört, die offensichtlich zu dieser Wahl beigetragen haben.
“Es entspricht nicht den demokratischen Gepflogenheiten, sich Mehrheiten bei einem als extremistisch eingestuften Landesverband der AfD zu suchen”, kritisierte Theile die Entscheidung der CDU. Peschel erhielt 52 Stimmen, während die Gegenkandidatin der SPD 27 Stimmen erhielt, was für Theile ein deutliches Zeichen der CDU darstellt.
Der Fraktionsvorsitzende der Bautzener CDU, Matthias Grahl, betonte vor der Abstimmung, dass die AfD bei der Kreistagswahl im Juni mit fast 35 Prozent die stärkste Kraft wurde. Dies wirft die Frage auf, wie die Kommunen in Ostdeutschland mit der wachsender AfD umgehen sollen.
Unterschiedliche Aussagen über Abgrenzung
Grahl, der auch im CDU-Landesvorstand aktiv ist, äußerte die Bereitschaft, “mit allen Kreisräten” zusammenzuarbeiten. Ähnliche Äußerungen kamen von Udo Witschas, dem CDU-Kreischef und Landrat.
Die AfD hat in Bautzen bereits einige bedeutende Erfolge erzielt. Im Jahr 2022 reduzierte der Kreistag die Integrationsleistungen für Asylbewerber, und im August dieses Jahres wurde, rechtlich umstritten, die Stelle eines Ausländerbeauftragten abgeschafft – auch hier erhielt die AfD Unterstützung aus der CDU.
Die CDU hat zwar eine Zusammenarbeit mit der AfD abgelehnt, doch die Praxis zeigt, dass diese Abgrenzung nicht immer konsequent durchgehalten wird. CDU-Parteichef Friedrich Merz hat widersprüchliche Aussagen zur Linie seiner Partei gemacht, während die Praxis im Kreis Bautzen weiterhin kooperativ erscheint.
Forscher: Brandmauer “stabiler, als vielfach vermutet”
Eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung hat ergeben, dass die Brandmauer in der ostdeutschen Kommunalpolitik stabiler ist als angenommen, obwohl sie auch Risse aufweist.
In einer Analyse von circa 2.500 Sitzungen der Kommunalparlamente von Juli 2019 bis Juni 2024 stellten Forscher fest, dass die AfD insgesamt 2.348 Anträge stellte, wofür sie in etwa jedem fünften Fall Unterstützung erhielt. Der Umfang und die Art dieser Anträge zeigen, dass die AfD häufig bei weniger umstrittenen Themen wie Finanzen und Verkehr anknüpfte.
Wie die AfD vor Ort vorgeht
In Bitterfeld-Wolfen hat die AfD bei der Stadtratswahl im Juni 2023 fast 36 Prozent der Stimmen erzielt und stellt nun 15 Stadträte. Eine Wählervereinigung sicherte sich die Stimmen für einen AfD-Vertreter im Stadtratsvorsitz und zeigt, wie eng die Grenzen in der Kommunalpolitik sind.
Daniel Roi, der Kreischef der AfD, betont die Bedeutung der Kommunikation und setzt auf Transparenz. Durch gezielte Aktionen wie Petitionen und öffentliche Abstimmungen will er die politische Agenda der AfD in der Region weiter verankern.
Roi sieht sich selbst als “Kümmerer” für lokale Anliegen und nutzt die Strategie, um die AfD in der Region weiter zu etablieren. Er betont, dass die Bürger den Eindruck haben, dass die etablierte Politik nur redet, während die AfD aktiv handelt.
Auswirkungen auf Landesebene denkbar
Die Entwicklungen in Städten wie Bitterfeld-Wolfen und Bautzen zeigen, dass Beschlüsse zur Abgrenzung in der Praxis oft ignoriert werden. Die Forscher warnen, dass dies zu einer Normalisierung führen könnte, die die Grenzen in der Brandmauer weiter verwischt und möglicherweise Kooperationen auf Landes- und Bundesebene zulässt.
In Sachsen gibt es bereits Stimmen innerhalb der CDU, die einer Zusammenarbeit mit der AfD auf Landesebene offen gegenüberstehen. Politische Akteure wie Alex Theile von der Linken betonen, dass es wichtig ist, demokratische Werte zu schützen und die Zusammenarbeit mit der AfD kritisch zu hinterfragen.