Nach dem Haushaltsurteil steht die Ampelkoalition nun erneut unter Druck aufgrund der Wahlrechtsreform. Ein Blick nach Karlsruhe macht deutlich: Die Herausforderungen könnten noch zunehmen.
Mit dem Urteil zur Wahlrechtsreform gibt das Bundesverfassungsgericht der Ampelkoalition eine dringende Aufgabe: In weniger als einem Jahr stehen Wahlen an, bis dahin muss das Wahlrecht angepasst werden. Zudem könnten Klagen in Karlsruhe die SPD, Grünen und FDP vor unerwartete Probleme stellen, die die Bundestagswahl beeinflussen könnten.
Solidaritätszuschlag
Seit 2021 sind nur noch Besserverdiener und Unternehmen zur Zahlung des Solidaritätszuschlags verpflichtet, während 90 Prozent der Steuerzahler davon befreit wurden. FDP-Abgeordnete haben gegen diese Regelung geklagt, da sie argumentieren, dass der Zuschlag nach dem Auslaufen des Solidarpakts Ende 2019 vollständig abgeschafft werden sollte.
Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird für dieses Jahr erwartet und könnte der Regierung, ähnlich wie das Haushaltsurteil im letzten Jahr, die Verabschiedung des Bundeshaushalts im Spätherbst erschweren.
Die Bundesregierung hat für das kommende Jahr Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag in Höhe von 12,75 Milliarden Euro eingeplant. Sollte das Gericht den Zuschlag für verfassungswidrig erklären, könnte dies erhebliche Auswirkungen auf den Haushalt 2025 haben. Noch komplizierter wird es, wenn das Gericht eine Rückzahlungspflicht für Einnahmen seit 2020 in Höhe von rund 65 Milliarden Euro beschließt.
Heizungsgesetz und Rechte von Abgeordneten
Das Bundesverfassungsgericht stoppte im vergangenen Jahr die Verabschiedung des Heizungsgesetzes vor der Sommerpause, da die Rechte der Abgeordneten nicht gewahrt wurden. Ein CDU-Abgeordneter hatte einen Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt, über den noch nicht entschieden wurde.
Sollte das Gericht dem Abgeordneten recht geben, könnte das zu Verfassungsbeschwerden gegen das Heizungsgesetz führen, das möglicherweise in der ungünstigsten Situation für die Ampelkoalition aufgehoben werden könnte.
Zudem könnte das Verfassungsgericht grundlegende Richtlinien festlegen, um sicherzustellen, dass Abgeordnete ausreichend Zeit für Beratungen in Gesetzgebungsverfahren erhalten.
BAföG
Die Ampelkoalition hat bereits zwei Erhöhungen des BAföG beschlossen, wobei die zweite Anpassung stark durch den Druck von Studierendenvertretungen und Gewerkschaften beeinflusst wurde. Die jährlichen Mehrausgaben für die kommende Wintersemestererhöhung belaufen sich auf mehrere Hundert Millionen Euro.
Zudem könnte ein laufendes Verfahren beim Bundesverfassungsgericht die Regierung zwingen, zusätzliche finanzielle Mittel für das BAföG bereitzustellen. Eine Psychologiestudentin klagt, dass der im BAföG festgelegte monatliche Bedarfssatz zu niedrig sei und nicht das Menschenrecht auf ein angemessenes Existenzminimum garantiere.
Die Klage bezieht sich auf die BAföG-Sätze aus den Jahren 2014/2015, doch das Gericht könnte weitreichende Folgen für die Berechnung der Ausbildungsförderung haben. Das Deutsche Studierendenwerk kritisiert regelmäßig, dass der BAföG-Satz im Vergleich zu anderen Leistungen unzureichend sei.
Untersuchungsausschuss
Die Unionsfraktion im Bundestag erhebt Klage wegen der gescheiterten Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum Steuerskandal der Warburg-Bank. Die antragstellenden Abgeordneten sehen sich durch einen Bundestagsbeschluss in ihren Rechten verletzt.
Bei der Abstimmung stimmten die Koalitionsfraktionen gegen den Untersuchungsausschuss, der insbesondere die Rolle von Olaf Scholz als ehemaligem Hamburger Regierungschef und jetzigen Kanzler beleuchten sollte. Scholz wird vorgeworfen, in die Cum-Ex-Steueraffäre eingegriffen zu haben, weist die Vorwürfe jedoch zurück.