Analyse
Befürworter eines Verbotsverfahrens gegen die AfD planen, Mitte November einen Antrag im Bundestag einzubringen. Die AfD zeigt sich bislang gelassen, ist jedoch nervös wegen des Verfassungsschutzes.
Jeden Dienstagmorgen, in der Sitzungwoche, lädt der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD, Bernd Baumann, die Presse zu aktuellen Themen und Anträgen der Fraktion ein. Der mögliche Antrag auf ein Verbotsverfahren hat in Anbetracht der Debatten in den anderen Fraktionen besondere Bedeutung.
Bernd Baumann gibt sich zunächst höflich, gerät jedoch schnell in Rage, besonders beim Thema Verbotsverfahren. Er bezeichnet es als “einigermaßen lächerlich” und spricht von den “letzten Zuckungen des links-grünen Mainstreams, die Vorherrschaft zu verteidigen”.
Die Strategie der Partei ist klar: Bei Angriffen wird sofort zurückgeschlagen, und es wird von Kampagnen gegen die AfD gesprochen. Alice Weidel bezeichnet das mögliche Verbotsverfahren als unwürdigen Versuch, eine Konkurrenzpartei, die 20 Prozent der Wähler repräsentiert, zum Schweigen zu bringen.
Zu Schau gestellte Gelassenheit
Die AfD bemüht sich, die anderen Parteien als undemokratisch darzustellen und inszeniert sich selbst als Hüter der Demokratie, während die Frage im Raum steht, ob die Partei selbst demokratiefeindlich ist. Innerhalb der AfD herrscht jedoch vor allem eine große, zur Schau getragene Gelassenheit, wohl auch, weil die Wahrscheinlichkeit, dass ein solcher Antrag derzeit eine Mehrheit im Parlament findet, als gering eingeschätzt wird.
Diese Diskussion wird von der AfD als willkommene Gelegenheit betrachtet, um sich erneut als Opfer zu präsentieren. Sebastian Münzenmaier, stellvertretender Fraktionschef, erklärte: “Das Verbotsverfahren ist ein Schuss in den Ofen. Es wird eher zu einem besseren Ergebnis bei der Bundestagswahl führen.”
Björn Höcke nutzte bereits in Thüringen den Wahlkampf mit dem drohenden AfD-Verbot und prägte den Slogan “Fast schon verboten gut”. Dies kommuniziert die Botschaft: Cool ist, was fast verboten ist. Die Diskussion um das Verbotsverfahren wird von der Partei geschickt genutzt. Diese scheinbare Gelassenheit ist auch auf die Erfahrung zurückzuführen, dass die Einstufung als rechtsextremer Verdachtsfall bislang keinen Schaden für die AfD hatte.
Gemäßigt wirken
Dennoch wird die Situation bezüglich des Verfassungsschutzes innerhalb der Partei differenzierter betrachtet. Die Parteiführung bemüht sich um einen professionelleren Auftritt. Besonders Weidel drängt darauf, die Partei nach außen hin gemäßigter zu präsentieren. In einem aktuellen Interview äußerte sie: “Das AfD-Programm ist nicht rechts.”
Diese Aussage fand nicht nur Anhänger in der Partei. Es gibt auch Bedenken, ob die Mäßigung der richtige Weg ist, da interne Diskussionen über die Formulierungen immer wieder aufflammen. Einige Mitglieder warnen vor möglichen verfassungsrechtlichen Konsequenzen.
Tino Chrupalla betonte kürzlich: “Konstruktive und verantwortungsvolle Oppositionsarbeit ist der Schlüssel zu einem Regierungswechsel 2029.” Die Parteispitze will sich anschlussfähiger zeigen und dem Verfassungsschutz weniger Angriffsfläche bieten.
Angesichts des bevorstehenden Wahlkampfs in Ostdeutschland bleibt jedoch abzuwarten, ob dieses Ziel erreicht wird. Die Frage, was als Nächstes vom Verfassungsschutz kommt, schwebt über der Partei wie ein Damoklesschwert.
Verfassungsschutz arbeitet an neuem Gutachten
Die Ankündigung des Behördenchefs Thomas Haldenwang sorgte für Aufsehen innerhalb der Partei. Im Bundestag bestätigte er, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz in den nächsten zweieinhalb Monaten ein neues Gutachten zur AfD vorlegen werde. “Eine Entscheidung wird noch in diesem Jahr erwartet”, betonte Haldenwang.
Dies könnte mit dem Wahlkampf in den ostdeutschen Ländern und den jüngsten Ereignissen bei der ersten Sitzung des Thüringer Landtags zusammenhängen, die der Verfassungsschutz genau beobachtet hat.
Folgen für Beamte und ein Verbotsverfahren
Bernd Baumann bleibt gelassen, er sieht keine Bedrohung durch eine mögliche Hochstufung der Partei als rechtsextrem und ist überzeugt, dass immer mehr Menschen die Situation durchschauen.
Eine solche Hochstufung könnte jedoch für Beamte in der Partei problematisch werden, da mögliche Disziplinarmaßnahmen drohen. Der Eid auf die Verfassung und die Mitgliedschaft in einer als antidemokratisch eingestuften Partei stehen im Konflikt.
Außerdem könnte eine Hochstufung die Diskussion über ein Verbotsverfahren anheizen und potenziell weitere Unterstützer gewinnen, da die Frage aufkommt: Darf eine gesichert rechtsextreme Partei weiterhin an Wahlen teilnehmen und öffentliche Mittel erhalten?