Mit der Ankündigung von US-Präsident Biden, nicht für eine zweite Amtszeit zu kandidieren, wird ein Wechsel im Weißen Haus unvermeidlich. Während Trump oder Harris im Gespräch sind, stellen sich die Fragen: Wie bereitet sich die Bundesregierung darauf vor?
Der Kanzler äußerte sich optimistisch hinsichtlich der Chancen von Kamala Harris. “Ich halte es für sehr gut möglich, dass sie die Wahl gewinnt”, erklärte Olaf Scholz und betonte, dass jeder, der heute vorhersagen wolle, wie es ausgeht, überfordert sei. Dennoch sei der kommende Wahlkampf aufgrund dieser neuen Konstellation äußerst spannend.
Dies deutet darauf hin, dass in Berlin ernsthafte Sorgen bestanden, Biden könnte gegen Trump verlieren.
“Sie weiß, was sie will und was sie kann”
Scholz hat klare Präferenzen für Harris und beschreibt sie mit Worten wie kompetent und erfahren. “Sie weiß, was sie will und was sie kann”, sagt der Kanzler und reflektiert damit auch seine eigene politische Sichtweise. Harris habe klare Vorstellungen von den Herausforderungen, die vor uns liegen, was auch für Biden galt, der für Scholz mehr als nur ein guter transatlantischer Partner war.
Scholz hat jede außenpolitische Entscheidung eng mit Biden abgestimmt. Im Fall der Ukraine wurde keine Waffenlieferung entschieden, ohne dass Biden informiert und zustimmend reagiert hat. Der 81-jährige Biden ist für Scholz wie ein Mentor und väterlicher Freund geworden, was bei ihrem ersten Treffen in Washington deutlich wurde.
Das Wahlkampfmotto “Respekt” von Scholz hat offenbar auch Biden beeindruckt, da dieser sich seit Jahrzehnten als Sprachrohr der Mittelschicht versteht.
Transatlantikerin aus der Biden-Schule
Kamala Harris wird von vielen, einschließlich Hubertus Heil, als transatlantische Kandidatin angesehen. Sie ist in der Schule von Biden, einem gelernten Transatlantiker, aufgewachsen.
Seit ihrer ersten Amtszeit sei Biden eine konstante Figur in der US-Politik, und in Berlin hofft man auf außenpolitische Kontinuität. Harris betonte auf der Münchner Sicherheitskonferenz die Notwendigkeit, dass die USA eine globale Führungsrolle übernehmen.
Trumps Schlachtruf – “America First”
Trumps Motto “America First” ist der genaue Gegensatz dazu. Richard Grenell, der unter Trump US-Botschafter war, äußerte, dass Washington amerikanische Interessen wieder stärker beachten müsse.
Trump erkannte bereits zu seiner Amtszeit, dass ihm die öffentliche Meinung in Deutschland egal war. “Wichtig ist, dass ich meinen Job gut mache”, wurde Trump zitiert.
“Derzeit fliegt zu viel Testosteron durch die Luft”
Auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock erkennt die Wichtigkeit starker politischer Frauen. “In einer Welt, in der möglicherweise zu viel Testosteron fliegt, sind starke Frauen wie Harris von Vorteil”, so Baerbock.
Doch wie kann sich Berlin auf einen möglichen Präsidenten Trump oder eine transatlantische Harris vorbereiten? Michael Link, der Transatlantikkoordinator der Bundesregierung, betont, dass für die unberechenbare Trump-Variante kein einfacher Plan existiert.
Links Strategie verfolgt seit Monaten, viele Kommunikationskanäle zur republikanischen Partei zu etablieren, um als Gesprächspartner attraktiv zu sein.
Kanzler Scholz bleibt in Bezug auf direkte Kontakte zu Trump verschlossen und lässt Fragen offen, um sowohl Kommunikationsmöglichkeiten zu bewahren, als auch Trump aus früheren Gelegenheiten zu kennen.
Die Herausforderung, die Scholz bei einem Umgang mit Trump erkennt, ist die Unberechenbarkeit des ehemaligen Präsidenten. “Trump ist ein sehr erratischer Mensch, von dem seine Berater oft morgens nicht wissen, was er als nächstes tun wird”, erklärt Michael Roth.
Spahn: “Scholz muss gesprächsfähig sein mit Trump”
Jens Spahn kritisiert, dass Scholz zu stark auf Biden gesetzt hat. Er betont die Notwendigkeit, auch mit Trump im Sinne der nationalen Sicherheit Deutschlands gesprächsfähig zu bleiben.
Deutschland müsse auch mit Trump nach gemeinsamen Interessen suchen, da dieser in seiner Amtszeit in bestimmten außenpolitischen Fragen richtig lag, etwa im Umgang mit dem Iran und der europäischen Verteidigung.