Das Bürgergeld steht seit langem im Zentrum politischer Debatten. Eine aktuelle Studie des ifo-Instituts empfiehlt nun wesentliche Änderungen, um die Attraktivität von Arbeit zu erhöhen.
“Arbeit muss sich lohnen!” Dieses Motto findet sich auf Wahlplakaten und wird häufig in Talkshows diskutiert. Aber wie lässt sich dies umsetzen? Das ifo-Institut hat Vorschläge erarbeitet, die darauf abzielen, wie sich Arbeit für Empfänger von Bürgergeld und Personen mit niedrigem Einkommen lohnen kann.
Erwerbstätige mit geringem Einkommen stehen oft vor einem Dilemma: Ihr Einkommen reicht nicht aus, wodurch staatliche Hilfen notwendig werden. Dazu zählen unter anderem Mietzuschüsse und Kinderzuschläge. Das bestehende System hat jedoch seine Schwächen, erklärt ein ifo-Forscher. Es gelenkt in die sogenannte Niedrigeinkommensfalle. “Es lohnt sich stets, einen kleinen Job anzunehmen,” so der Experte, “aber es bringt wenig, die Arbeitszeiten signifikant zu erhöhen.”
Arbeitsanreize schaffen und das System effizienter gestalten
Genau hier setzt die Forschungsarbeit an. Das Ziel ist klar: “Mehr Anreize zum Arbeiten schaffen und das System effizienter gestalten.” Laut der vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebenen Studie sollten die Sozialleistungen besser koordiniert werden. Ein konkretes Beispiel sind die Mietkosten, bei denen eine Unterstützung sowohl für arbeitslose Bürgergeld-Empfänger als auch für berufstätige Geringverdiener bereitgestellt wird. Momentan existieren jedoch zwei verschiedene Systeme zur Berechnung dieser Hilfen: im Bürgergeld das System der Kosten der Unterkunft und beim Wohngeld für Geringverdiener.
In einem der Modelle wird vorgeschlagen, das Wohngeld in das Bürgergeld zu integrieren. “Das Wohngeld könnte einfach abgeschafft werden, ohne Abstriche,” erläutert der Forscher. Zudem sollten die Einkommensgrenzen überarbeitet werden, ab denen staatliche Unterstützungen gekürzt oder gestrichen werden. Dies würde bedeuten, dass Arbeiter in der Anfangsphase mehr Unterstützung erhalten.
Dies würde auch bedeuten, dass der Staat insgesamt mehr finanzielle Mittel bereitstellen müsste. Die Wissenschaftler schätzen jedoch, dass eine solche Reform die Arbeitsaufnahme für viele attraktiver machen könnte, was zu zusätzlichem Arbeitsvolumen führen würde, das 144.000 Vollzeitstellen entspricht. Dies wäre ein positives Ergebnis angesichts des aktuellen Fachkräftemangels und könnte dem Staat zusätzliche Einnahmen bescheren.
FDP sieht Reform als notwendig an
“Der Sozialstaat bestraft Mehrarbeit,” hebt ein Sprecher hervor: “Jeder, der sich Schritt für Schritt weiterentwickeln möchte, sollte belohnt und nicht bestraft werden.” Es sei wichtig, an den Mängeln im Sozialstaat zu arbeiten, besonders im Übergangsbereich zwischen Sozialleistungen, wo es erhebliche Probleme gibt. Der Sprecher erwartet noch in diesem Jahr Änderungen beim Bürgergeld und den Zuverdienstregeln.
Auch innerhalb der Grünen gibt es den Ruf nach Veränderungen: “Wir benötigen ein einfacheres System, das von den Menschen verstanden wird,” erklärt eine Sprecherin. Die Ausdehnung des Bürgergeld-Systems auf etwa 1,6 Millionen zusätzliche Geringverdiener, wie in der Studie skizziert, wird als unzureichend angesehen. Viele Menschen würden aufgrund von Stigmatisierung oder Unkenntnis Leistungen nicht beantragen, was früher oder später zur verdeckten Armut führen könnte.
Ähnliche Studien führten bisher zu keinen Änderungen
Auch die SPD verweist auf eine ältere Studie des ifo-Instituts, die die positiven Effekte von weniger Kürzungen bei Sozialleistungen hervorgehoben hat. Diese Studie liegt schon acht Monate zurück, und die SPD betont, dass bereits Gespräche innerhalb der Koalition laufen.
Die frühere Studie hatte jedoch nicht die Zweiteilung von Bürgergeld und Wohngeld betrachtet und deren mögliche Effekte bei einer einheitlichen Grundsicherung. Auch die SPD möchte Lücken im System angehen, sieht aber die Integration des Wohngeldes als technisch und rechtlich herausfordernd. Insbesondere arbeitende Familien sollten von zukünftigen Reformen profitieren, so ein Vertreter. “Das könnte man beispielsweise erreichen, indem sie beim Kinderzuschlag mehr behalten können.”
Abschließend zeigt sich, dass die zweite ifo-Studie zwar neue Diskussionen über das Bürgergeld anstößt, aber die Meinungen über die Umsetzung auseinanderdriften. Jedoch ist man sich in der Koalition einig: Das System ist zu komplex und muss dringend überarbeitet werden.