Im Rahmen der Ampelkoalition hat die FDP einen “Herbst der Entscheidungen” ausgerufen. Steht die Regierung vor der Herausforderung, bedeutende Probleme gemeinsam zu lösen, oder droht eine Spaltung? Ein Überblick über die aktuellen Entwicklungen.
Wirtschaftspolitik
Die deutsche Wirtschaft zeigt Anzeichen einer Abkühlung und beschleunigt ihre Talfahrt im September weiter. Die Unternehmensstimmung hat sich weiter verschlechtert, und Experten des Ifo-Instituts in München warnen, dass das Land auf eine Rezession zusteuert. Die Bundesregierung plant eine Wachstumsinitiative als Reaktion, die bereits im Juli angekündigt wurde.
Bisher wurden nur wenige von insgesamt 49 Einzelmaßnahmen des Pakets umgesetzt. Daher drängen FDP und SPD auf eine schnellere Umsetzung dieser Initiative.
Dennoch gibt es weiterhin Streitpunkte, wie das Tariftreuegesetz. Die SPD möchte sicherstellen, dass Unternehmen, die Aufträge für den Bund annehmen, nach Tarif bezahlen. Dabei müssten auch Subunternehmer zur Einhaltung der Tarife verpflichtet werden, andernfalls drohen Strafzahlungen. Während die SPD Arbeitnehmer vor Lohndumping schützen möchte, befürchtet die FDP eine Überregulierung für die Unternehmen. Dennoch scheint ein Scheitern der Regierung aufgrund dieser Differenzen unwahrscheinlich.
Rente
Die Ampelkoalition ist sich einig über die Einführung einer “Rentenaufschubprämie”. Arbeitnehmer, die mindestens ein Jahr über das Renteneintrittsalter hinaus arbeiten, sollen davon finanziell profitieren können. Die Prämie wird jedoch erst ab 2028 ausgezahlt, aber bereits ab dem kommenden Jahr kann der Rentenbeginn verschoben werden.
Das sogenannte “Rentenpaket II” wird diese Woche im Bundestag behandelt. Es beinhaltet zwei wesentliche Maßnahmen: Die Festschreibung des Rentenniveaus auf 48 Prozent des Durchschnittslohns, was die Beitragssätze schneller ansteigen lässt. Es gibt wieder Widerstand aus der FDP-Fraktion, trotz der Erklärung von FDP-Chef Christian Lindner, dass das Rentenpaket “ausverhandelt und zustimmungsfähig” sei.
Eine zweite Maßnahme, auf Wunsch der FDP, umfasst die Einführung eines Generationenkapitals. Dieses soll durch Aktiengewinne zur Minderung der künftigen Rentenbeitragssteigerungen beitragen. Während die SPD stabile Renten garantieren will, sieht die FDP die Gefahr einer Kostenexplosion, und die Grünen bezweifeln die Vereinbarkeit des schuldenfinanzierten Generationenkapitals mit der Schuldenbremse.
Trotz der bestehenden Differenzen scheint es unwahrscheinlich, dass die Koalition im Bundestag aufgrund dieser Fragen zerbricht, da bereits Einigungen erzielt wurden.
Migration
Im Bereich Migration hat die Ampelkoalition Schritte eingeleitet. Momentan bestehen Unterschiede nur in Detailfragen, wie dem Vorschlag von Justizminister Marco Buschmann, an den Grenzen Modellversuche mit Zurückweisungen durchzuführen.
Ein erneuter Migrationsgipfel, an dem Bundeskanzler Olaf Scholz, Finanzminister Christian Lindner, Vizekanzler Robert Habeck und Oppositionsführer Friedrich Merz teilnehmen könnten, steht ebenfalls zur Debatte. Während Lindner einen solchen Gipfel befürwortet, ist der Kanzler dagegen. Diese Meinungsverschiedenheit reicht jedoch nicht aus, um die Regierung zu gefährden.
Ein strittiger Punkt könnte Lindners Forderung sein, dass “künftig null Euro” vom deutschen Steuerzahler für ausreisepflichtige Flüchtlinge aufgebracht werden. Diese Forderung ist juristisch umstritten und könnte nicht ausreichen, um die Regierung zu destabilisieren.
Haushalt 2025
Der Haushaltsentwurf für 2025 könnte sich als entscheidender Konfliktpunkt für die Koalition erweisen. Dieser Entwurf sollte bis Ende des Jahres vorliegen, jedoch fehlen bisher 12 Milliarden Euro. Sachverständige äußern auch Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Entwurfs.
Es ist wahrscheinlich, dass SPD, FDP und Grüne unterschiedliche Prioritäten bei der zukünftigen Haushaltsgestaltung haben werden. Der Finanzminister plant, milliardenschwere Fördergelder zur Haushaltsentlastung zu nutzen, nachdem der Bau eines Intel-Werks in Magdeburg verschoben wurde. Das Wirtschaftsministerium hingegen erklärt, dass diese Gelder dem Kernhaushalt nicht zur Verfügung stehen.
Ohne einen verabschiedeten Haushalt für 2025 könnte es für die Ampelkoalition schwierig werden, im Amt zu bleiben. Ein genehmigter Haushalt würde jedoch einen plötzlichen Bruch der Koalition unwahrscheinlicher machen und könnte bis zur Bundestagswahl 2025 eine stabile Regierung sichern.
Selbst wenn ein Koalitionspartner die Ampelregierung verlässt, ist es möglich, dass der Bundeskanzler weiterhin mit einer Minderheitsregierung regiert. Solch ein Szenario ist zwar selten, aber durchaus realistisch. Laut dem Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags hat bisher nur in wenigen Fällen eine amtierende Bundesregierung ihre absolute Mehrheit verloren.