Inmitten von Diskussionen über Abschreckung und Aufrüstung in Europa sieht sich die Bundeswehr mit einem dringenden Mangel an Soldaten konfrontiert. Union und der Bundeswehrverband fordern daher die rasche Wiedereinführung der Wehrpflicht noch in diesem Jahr.
CSU-Politiker Florian Hahn unterstreicht die Dringlichkeit einer Diskussion über die Begrenzung der Wehrpflicht in Anbetracht der sich verschärfenden Bedrohungen. “Die Aussetzung der Wehrpflicht ist nicht mehr zeitgemäß”, erklärte er. “Bereits im Jahr 2025 müssen die ersten Wehrpflichtigen einberufen werden, denn wir können die zunehmende Unsicherheit in der Welt nicht ignorieren.”
Deutschland benötigt “eine glaubwürdige Abschreckung durch personelle Kapazitäten”, die nur mit wehrwilligen Staatsbürgern erreicht werden kann.
Auch André Wüstner, Vorsitzender des Bundeswehrverbands, befürwortet die Einführungen einer Wehrpflicht noch in diesem Jahr, angelehnt an das schwedische Modell. Er betont, dass ohne eine neue Form der Wehrpflicht die Rekrutierung und Bindung des dringend benötigten Personals nicht gelingen werde.
Zustimmung erhält die Idee von Joschka Fischer, ehemaliger Außenminister, der einen Fehler bei der Abschaffung der Wehrpflicht eingesteht und auf eine Wiedereinführung für beide Geschlechter plädiert. “Ohne diesen Schritt werden wir beim Schutz Europas nicht vorankommen”, so Fischer, der auch einen Anstieg des Verteidigungsetats fordert.
Gesetzentwurf zur Wehrpflicht
Die Wehrpflicht in Deutschland wurde 2011 unter Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nach 55 Jahren ausgesetzt, was faktisch einer Abschaffung des Wehrdienstes gleichkam.
Der amtierende Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte im November einen Gesetzentwurf für ein neues Wehrdienstmodell vorgelegt. Obwohl es eine Einigung im Parlament gab, kam es nicht zu einer Abstimmung.
Der Vorschlag sah vor, dass junge Männer ihre Bereitschaft und Fähigkeiten für den Militärdienst melden müssen, während für Frauen eine freiwillige Teilnahme vorgesehen war. Für eine umfassendere Pflicht gab es jedoch innerhalb der Regierungskoalition keine Unterstützung.
Debatte über die Wehrpflicht im Wahlkampf
Die Wiedereinführung der Wehrpflicht war während des Bundestagswahlkampfs ein umstrittenes Thema. In einer Fernsehdiskussion sprach sich AfD-Chefin Alice Weidel für eine zweijährige Wehrpflicht aus und erklärte, dass die Sicherheitslage eine solche Maßnahme erforderlich mache.
Vertreter der Union, wie CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, plädierten stattdessen für ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr, das in verschiedenen Bereichen, einschließlich der Bundeswehr, abgeleistet werden kann.
FDP-Chef Christian Lindner wies den Vorschlag der AfD entschieden zurück und warnte vor einem erheblichen Eingriff in die Freiheit junger Menschen. Auch Kritik kam von anderen politischen Akteuren, die betonten, dass eine starke Bundeswehr nicht auf eine Wehrpflicht angewiesen sei.
Zukünftige Entscheidung über Wehrpflicht in Friedenszeiten
Es liegt nun an der neuen Bundesregierung, über eine mögliche Wiedereinführung der Wehrpflicht in Friedenszeiten zu entscheiden. Die aktuellen gesetzlichen Bestimmungen sehen vor, dass die Wehrpflicht für Männer im Kriegsfall automatisch wieder in Kraft tritt.