FAQ
Die Union und die SPD haben sich auf ein milliardenschweres neues Sondervermögen geeinigt, das als “Schatzkiste” für Investitionen bezeichnet wird. Tatsächlich handelt es sich dabei jedoch um “Sonderschulden”. Hier ist eine Erklärung dazu.
Olaf Scholz hatte zuvor den Begriff “Doppelwumms” geprägt, während sein möglicher Nachfolger Friedrich Merz einen “Super-Doppelwumms” vorschlägt. In den aktuellen Sondierungsgesprächen wurde ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur vereinbart, auch wenn der Name irreführend ist, da es sich um Geld handelt, das der Staat nicht wirklich hat.
Wie passt das Sondervermögen zum regulären Haushalt?
Sondervermögen stehen unabhängig vom regulären Bundeshaushalt, der der Schuldenbremse unterliegt – Sondervermögen fallen nicht unter diese Regelung. Sie sind spezifischen Zwecken gewidmet, die häufig langfristige Finanzbedarfe abdecken. Teilweise erhalten sie Mittel aus dem regulären Haushalt, in letzter Zeit wurde jedoch immer öfter die Möglichkeit geschaffen, Kredite bis zu einer bestimmten Höhe zu genehmigen. Das geplante neue Infrastruktur-Sondervermögen soll vollständig durch Kredite finanziert werden.
Was soll mit dem neuen Sondervermögen finanziert werden?
Die 500 Milliarden Euro sind vor allem für Investitionen in den Zivil- und Bevölkerungsschutz, die Verkehrs- und Energieinfrastruktur, sowie in Bildung, Betreuung, Wissenschaft, Forschung, Entwicklung und Digitalisierung eingeplant. Von dieser Summe sollen 100 Milliarden Euro den Bundesländern und Kommunen zur Verfügung stehen. Die Laufzeit des Sondervermögens ist auf zehn Jahre angelegt.
Normalerweise erfordert die Verabschiedung des Bundeshaushalts jährliche Verhandlungen über Infrastrukturinvestitionen, abhängig von den finanziellen Rahmenbedingungen. Ein Sondervermögen bietet eine stabilere Finanzierungsgrundlage sowie Planungssicherheit für Auftraggeber, Ingenieurbüros und die Bauindustrie. Die Union und die SPD erwarten, dass große staatliche Investitionen auch private Investitionen ankurbeln werden.
Was ist mit der Staatsverschuldung?
Die Staatsverschuldung wird voraussichtlich ansteigen, und das Sondervermögen wird daran nichts ändern. Im letzten Jahr betrug sie rund 64 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Experten prognostizieren, dass die Schuldenquote in den kommenden Jahren um etwa zehn Prozentpunkte steigen könnte, was auf das neue Sondervermögen zurückzuführen ist. Faktoren wie Inflation und erhöhte Verteidigungsausgaben könnten die Schuldenquote in zehn Jahren auf bis zu 90 Prozent ansteigen lassen. Der bisherige Höchststand lag 2010 bei 80 Prozent.
Um Investoren für den Kauf von Bundesanleihen in Höhe von Hunderten Milliarden Euro zu gewinnen, werden voraussichtlich höhere Zinsen erforderlich sein. Die Rendite der zehjährigen Bundesanleihe stieg nach Bekanntgabe der neuen Finanzpläne bereits von etwa 2,5 auf 2,7 Prozent, was darauf hindeutet, dass die Zinskosten für den Staat ebenfalls steigen werden.
Wie wird über ein Sondervermögen entschieden?
Sondervermögen unterliegen der Kontrolle des Parlaments sowie des Bundesrechnungshofes. Im Bundestag ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich, um ein Sondervermögen zu etablieren, da diese im Grundgesetz verankert werden müssen. Daher planen Union und SPD eine Abstimmung im Bundestag in der bisherigen Zusammensetzung, um eine mögliche Blockade durch die Oppositionsparteien zu vermeiden. Die genauen Verwendungsmöglichkeiten der Mittel könnten in späteren Gesetzen mit einfacher Mehrheit beschlossen werden.
Oft werden Sondervermögen durch akute Krisen wie die Corona-Pandemie oder den Energiepreisschock begründet. Allerdings gibt es auch langfristige Herausforderungen, wie den Klimawandel oder die Aufrüstung der Bundeswehr, die zur Schaffung solcher Fonds führen.
Es gibt also mehrere Sondervermögen?
Ja, in der Tat: Auf Bundesebene existieren derzeit 29 Sondervermögen, einige von ihnen stammen bereits aus der Gründungszeit der Bundesrepublik Deutschland. Das Gesamtvolumen dieser Sondervermögen beläuft sich auf etwa 869 Milliarden Euro. Zudem verfügen die Bundesländer über eigene Sondervermögen.
Welche Sondervermögen gibt es?
Im Jahr 2022 wurden zwei neue Sondervermögen etabliert: 200 Milliarden Euro zur Bewältigung der gestiegenen Energiepreise und 100 Milliarden Euro zur Modernisierung der Bundeswehr. Während der Energiefonds unterausgelastet war, wird für die Verteidigung ein erheblicher Anstieg an Finanzmitteln erwartet, insbesondere im Kontext des Ukraine-Kriegs. Union und SPD planen daher, das bestehende Sondervermögen für die Bundeswehr zu erweitern.
Weitere Beispiele für Sondervermögen sind die finanziellen Mittel, die nach der Flutkatastrophe in vier Bundesländern im Jahr 2021 bereitgestellt wurden, sowie Töpfe für die Wirtschaftsstabilisierung während der Corona-Pandemie. In der Finanzkrise 2008 wurde ebenfalls ein Sondervermögen eingesetzt, um bedeutende Banken zu retten.