Die Bildungsmesse didacta in Stuttgart wird von politischen Spannungen begleitet, da die AfD erstmals mit einem eigenen Stand vertreten ist. Während Proteste gegen die Partei stattfinden, präsentiert sie ihr Bildungsprogramm. Welche Forderungen erhebt die AfD?
“Demokratie braucht Bildung – Bildung braucht Demokratie” lautet das Motto der diesjährigen didacta, die als Europas größte Bildungsmesse gilt. Mehr als 700 Aussteller sind dabei, darunter erstmals auch politische Parteien.
Der Stand der AfD hat bereits zu Protesten geführt, und auch Kritik von verschiedenen Organisationen, darunter Lehrer- und Bildungsverbände sowie Hilfsorganisationen, wurde laut. Diese Gruppen äußern Bedenken, dass die Präsenz der AfD vor der Bundestagswahl deren ideologische Positionen legitimiert. Doch welche konkreten Bildungsforderungen verfolgt die AfD?
AfD für verbindliche Grundschulempfehlungen
Ein Blick in das Wahlprogramm der AfD zeigt das Bestreben nach verbindlichen Grundschulempfehlungen und dem Erhalt von Förderschulen. Die Partei spricht sich gegen den Islamunterricht aus, lässt jedoch offen, ob dies auch für das Fach Ethik gilt, in dem oft auch islamische Themen behandelt werden. Ihre Position zur politischen Bildung bleibt vage, da die AfD fordert, dass Schüler in der Schule ihre eigenen politischen Ansichten unabhängig von Lehrplänen entwickeln sollten.
Der Landesverband Bildung und Erziehung Baden-Württemberg äußert sich kritisch über die Bildungsmessenposition der AfD und beschreibt das Bildungsprogramm als “oberflächlich”. Viele wichtige Themen wie Demokratiebildung und Lehrkräftebildung werden nicht ausreichend behandelt.
Schulleiter: Forderungen nicht umsetzbar
Auf ihrer Webseite äußert die AfD Bedenken über den Einfluss internationaler Konzerne auf Bildung. Oliver Hintzen, Schulleiter und stellvertretender Landesvorsitzender des VBE Baden-Württemberg, widerspricht dem und betont, dass öffentliche Schulen überwiegend staatlich finanziert sind. Er bezeichnet die Teilnahme an unbenoteten PISA-Tests als wichtig, um Schüler für die Gesellschaft fit zu machen.
Die AfD verlangt, dass Bildungsinhalte nur von Fachlehrern vermittelt werden. Hintzen erklärt jedoch, dass dies in vielen Fächern aufgrund des Lehrkräftemangels nicht praktikabel sei, da nur eine Einschränkung auf Fachlehrer zu übermäßigen Unterrichtsausfällen führen würde.
Frühsexualisierung oder Aufklärung?
Die AfD kritisiert eine vermeintliche Frühsexualisierung in Bildungseinrichtungen, die ihrer Ansicht nach Kinder verunsichere. Hintzen widerspricht und betont, dass eine frühe Aufklärung über sexuelle Themen notwendig sei, um Kinder aufzuklären und Missbrauch vorzubeugen.
Bildungsforscherin beobachtet Radikalisierung
Die Bildungsforscherin Rita Nikolai kritisiert viele der Forderungen der AfD im Bildungsbereich. Ihre Studien zeigen eine Radikalisierung der Partei in schulpolitischen Fragestellungen, einschließlich dem Wunsch einer stärkeren Nationalisierung der Bildung, weniger Thematisierung des Nationalsozialismus im Geschichtsunterricht und eine Betonung des 19. Jahrhunderts sowie des Deutschen Kaiserreichs.
Politische Neutralität kein Konsens
Nikolai spricht auch die Forderung der AfD nach politischer Neutralität an und stellt fest, dass die Partei eine Richtlinie missverstehe, die Dialog und Austausch über politische Themen in Schulen fördert. Es wird betont, dass Lehrer den Schülern nicht ihre Ansichten aufzwingen dürfen, während die Richtlinie keine Verpflichtung zur politischen Neutralität enthält.