FAQ
Im Bundestag wird heute über das angestrebte AfD-Verbotsverfahren diskutiert. Hier sind die wichtigsten Vorschläge und Argumente für ein Verbot im Überblick.
Kurz vor der Bundestagswahl befürworten Vertreter mehrerer Parteien ein Verfahren zur Verbots der AfD. Sie betonen, dass die Zeit drängt, da Umfragen darauf hindeuten, dass die AfD nach der Wahl ihre Sitze deutlich ausbauen könnte, was eine parlamentarische Mehrheit erschweren würde.
Kritiker warnen jedoch, dass ein solches Verfahren langwierig sein könnte und der Ausgang offen bleibt. Zudem gibt es Bedenken, eine Stimme mit solider Wählerbasis zu verbieten. Die AfD selbst sieht diese Diskussion als gezielte Kampagne gegen ihre Partei an.
Wie kann eine Partei überhaupt verboten werden?
In Deutschland kann eine politische Partei nur durch das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt und verboten werden. Anträge hierzu können von der Bundesregierung, dem Bundestag oder dem Bundesrat gestellt werden. Die Richter in Karlsruhe prüfen dann, ob die AfD gemäß Artikel 21 des Grundgesetzes verfassungswidrig ist.
Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf abzielen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu gefährden, sind verfassungswidrig.
Das Bundesverfassungsgericht stellte auf Basis des NPD-Urteils von 2017 fest, dass ein Parteiverbot nur in extremen Ausnahmefällen ausgesprochen werden kann, da es die gravierendste Maßnahme des demokratischen Rechtsstaates gegen feindliche Gruppierungen darstellt.
Es müssen zwei Bedingungen erfüllt sein: eine inhaltliche Verfassungswidrigkeit sowie eine gewisse politische Wirkungskraft der Partei. Unbedeutende Parteien können trotz inhaltlicher Verfassungswidrigkeit nicht verboten werden, wenn sie politisch irrelevant sind.
Welche Anträge gibt es?
Ein Antrag, unter anderem eingebracht von Mitgliedern der SPD, CDU, Grünen, Linken und SSW, fordert den Bundestag auf, ein Verfahren zur Einleitung eines Parteiverbots gegen die AfD zu beschließen.
In dem Antrag wird betont, dass die AfD gegen grundlegende Prinzipien der demokratischen Grundordnung verstößt: “Die Menschenwürde und das Diskriminierungsverbot werden durch die AfD und ihre Mandatsträger zunehmend infrage gestellt.”
Befürworter verteidigen die Initiative als notwendig. Sollte das Verfahren nicht erfolgreich sein, sagten sie, könnte dies als Kapitulation interpretiert werden. Insgesamt unterstützen 113 Abgeordnete diesen Antrag.
Ein zweiter Antrag, unterstützt von der Grünen-Politikerin Renate Künast, fordert eine Begutachtung der Erfolgsaussichten eines Verfahrens, bevor über eine Einleitung entschieden wird.
Künast betont, dass ein Verlauf auf fundierten Beweisen basieren sollte: “Um der Verantwortung des Bundestages gerecht zu werden, sollten wir jetzt Material für eine gründliche Prüfung sammeln, bevor wir einen Verbotsantrag stellen.”
Wie lange würde ein Verbotsverfahren dauern?
Die Dauer eines Verbotsverfahrens ist schwer abzuschätzen. Das jüngste Verfahren gegen die NPD dauerte über drei Jahre, von der Antragstellung bis zur Urteilsverkündung.
Damals musste das Bundesverfassungsgericht rechtliche Standards für ein Parteiverbot neu bewerten. Dies wäre in einer aktuellen Situation nicht notwendig, was zu einer potenziell kürzeren Dauer führen könnte.
Dennoch wird ein neues Verfahren nicht über Nacht abgeschlossen, da das Gericht alle Beweismittel gründlich prüfen muss.
Wie sind die Erfolgsaussichten für ein Parteiverbot?
Die Hürden für ein Parteiverbot sind hoch. Das Grundgesetz erlaubt es Parteien, an der politischen Willensbildung teilzunehmen, und dies kann auch extreme Ansichten umfassen.
Einige Juristen sind der Meinung, dass ein Verbotsantrag Aussicht auf Erfolg haben könnte, während andere skeptischer sind. Im Vergleich zur NPD bietet das Programm der AfD weniger klare Anhaltspunkte, die ein Verbot rechtfertigen könnten.
Wie die AfD mit extremistischen Vorfällen umgeht und welches Menschenbild sie vertritt, wird ein wichtiger Aspekt im Verfahren sein. Die Beweise des Verfassungsschutzes könnten eine Grundlage für einen Antrag bieten, jedoch ist nicht jede Einstufung von Landesverbänden als rechtsextremistisch gleichbedeutend mit einem Verbotsverfahren für die gesamte Partei.
Welche Einschätzung hat der Verfassungsschutz?
Der Verfassungsschutz beobachtet die AfD seit 2021 als rechtsextremistischen Verdachtsfall. Eine mögliche Herabstufung auf “gesichert extremistisch” wurde bis vor kurzem als wahrscheinlich eingeschätzt, jedoch wird eine Neubewertung vor der Wahl als wenig wahrscheinlich angesehen, um Chancengleichheit zu gewährleisten.
“Gesichert extremistisch” ist die höchste Einstufung des Verfassungsschutzes, die derzeit für die Landesverbände der AfD in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt gilt. Es gab Überlegungen, auch den brandenburgischen Landesverband entsprechend zu klassifizieren, die jedoch aufgrund der anstehenden Bundestagswahl bislang nicht umgesetzt wurden.
Auch die Nachwuchsorganisation Junge Alternative wird als gesichert rechtsextremistisch eingestuft und gilt als radikaler als die Mutterpartei. Um diese Organisation rechtlich besser abzusichern, beschloss die AfD ihr Erscheinen durch eine neue Struktur zu ersetzen.
Welche anderen Einschätzungen gibt es?
Im November äußerten einige Rechtswissenschaftler, dass ein AfD-Verbot rechtlich durchsetzbar sei, da eine völkisch-nationalistische Ideologie weit verbreitet sei. Diese könnte gegen die Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes verstoßen.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte unterstützt die fraktionsübergreifende Initiative für ein Verbot der AfD und betont die historische Bedeutung eines solchen Verfahrens.
Andererseits haben einige Rechtsexperten, darunter der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Bedenken geäußert und einen vorsichtigen Umgang mit dem Thema empfohlen, um nicht vorschnell das “scharfe Schwert” des Parteiverbots zu ziehen.
Wie geht es weiter?
Die Unterstützung für die Anträge im Bundestag bleibt ungewiss, da die Parteiführung bisher zurückhaltend bleibt. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte sich gegen ein Verbot ausgesprochen und plädierte für die Fortführung der Beobachtung durch den Verfassungsschutz.
Eine Debatte zu den Anträgen im Bundestag ist für heute geplant, gefolgt von einer Überweisung an den Ausschuss für Inneres und Heimat zur weiteren Beratung.