Sahra Wagenknecht führt Wahlkampf in Thüringen und Sachsen und stellt zahlreiche Bedingungen für eine mögliche Regierungsbeteiligung ihrer Partei auf. Sie kündigt an, aktiv in die Verhandlungen einzugreifen.
Wagenknecht fühlt sich bestärkt und äußert eine “große Sehnsucht nach einer anderen Politik”. Am Dienstagabend absolvierte sie ihren dritten Wahlkampfauftritt in Zwickau und Altenburg, wo sie mehreren Hundert Zuhörern ihre Visionen präsentierte.
Laut Umfragen könnte die nach ihr benannte Partei bei den bevorstehenden Landtagswahlen in Sachsen drittstärkste und in Thüringen sogar zweitstärkste Kraft werden, was eine mögliche Regierungsbeteiligung ins Spiel bringt – doch viele Bedingungen sind damit verbunden.
In den letzten Monaten hat Wagenknecht mehrere Bedingungen formuliert, die nicht direkt mit Landespolitik verbunden sind, einschließlich sofortiger Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine sowie eines Stopps der Waffenlieferungen an die Ukraine und der geplanten US-Raketenstationierung in Deutschland.
Wagenknecht übernimmt das Zepter
Allerdings wäre es letztlich nicht nur die Parteichefin, die mitregiert, sondern die lokalen BSW-Politiker, wie die Thüringer Spitzenkandidatin Katja Wolf, die die Partei als konstruktive Kraft in den Landtag bringen wollen.
Wolf stellt das Bündnis in Altenburg vor und hebt hervor: “Wir sind anders als die anderen. Mit dem BSW geht es wieder um Sachargumente.” Die Runde betont, dass man nicht auf andere einschlagen wolle.
Wagenknecht, die in der Region aufgewachsen ist, kommentiert die Situation und spricht die politischen Akteure an. “Wir werden nie Teil dieses Sumpfes sein”, betont sie deutlich.
“Bravo” und “Yee-haw!”
Zwei zentrale Punkte ihrer Rede umfassen eine ostdeutsche Identität und eine kritische Auseinandersetzung mit der Berichterstattung über den Osten. Wagenknecht hebt hervor, dass die Menschen im Osten ihre Fähigkeit zum eigenständigen Denken bewahrt haben, was Beifall aus dem Publikum hervorruft.
Sie warnt vor der Raketenstationierung, die Deutschland ins “Zielrohr” russischer Raketen bringen könnte, und fordert eine sofortige Beendigung des Ukrainekriegs durch Verhandlungen.
“Die meisten Menschen fürchten, dass dieser Krieg irgendwann zu ihnen kommt”, ruft Wagenknecht und betont die Dringlichkeit von Verhandlungen.
Eine ältere Zuhörerin bringt auf den Punkt, dass sie “absolut gegen diesen Krieg und gegen Putin” ist, aber einen sofortigen Dialog fordert, um die gefühlte Bedrohung zu verringern.
Wagenknecht stellt neue Bedingungen auf
Wagenknecht hat schrittweise Hürden für eine Koalition aufgebaut. Nachdem die BSW bei der Europawahl stark abschneidet, formuliert sie Forderungen in den Bereichen Bildung, Wirtschaft und Gesundheit, die größtenteils auf Bundesebene erzielt werden müssen.
Die Rahmenbedingungen für eine Zusammenarbeit mit der CDU sind jedoch kompliziert. Kürzlich forderte sie, dass Katja Wolf Ministerpräsidentin werden müsse, sollte die BSW stärkste Kraft werden.
Auf den Plan zur Raketenstationierung reagiert Wagenknecht sofort und stellt weitere rote Linien auf, obwohl rechtliche Voraussetzungen eine solche Stationierung in Ostdeutschland verbieten.
Wagenknecht plant persönliche Beteiligung
Die CDU zeigt sich zunehmend distanziert. In Sachsen erklärt Michael Kretschmer, dass vergangene politische Strukturen nicht mehr zur Anwendung kommen sollten.
Der Spitzenkandidat in Thüringen, Mario Voigt, sieht Verhandlungen nur dann als sinnvoll an, wenn der BSW autonom agieren kann. „Solange Frau Wagenknecht hier die Ansagen macht, sehe ich keine Grundlage für Gespräche“, sagt Voigt.
Wagenknecht ist bereit, sich in die Verhandlungen persönlich einzubringen. „Die Menschen erwarten das von mir“, erklärt die Parteichefin.
Die Landesverbände in Thüringen und Sachsen planen, nach den Wahlen Parteitage abzuhalten, um über mögliche Koalitionsverhandlungen zu entscheiden.
Alle Blicke sind auf die CDU gerichtet, während Wagenknecht die Möglichkeit ausschließt, Anträge der AfD im Landtag grundsätzlich abzulehnen.
Sind Kompromisse möglich?
Vielleicht wird ein Kompromiss gefunden, vielleicht auch nicht. Ein Koalitionsvertrag müsste sicherstellen, dass die Interessen der Mehrheit vertreten werden, so Wagenknecht.
Auf die Forderung, die Schuldenbremse in Sachsen zu lockern, reagiert sie vorsichtig und äußert den Wunsch nach einer bundesweiten Reform.
Sollte die Koalitionsbildung an ihren Bedingungen scheitern, könnte das fatale Auswirkungen auf das Vertrauen der Wähler haben. “Wer eine gute Regierung blockiert, trägt zur Müdigkeit der Wähler bei”, warnt Wagenknecht.