Die sächsischen Landtagswahlen stehen im Zeichen der Konkurrenz zwischen der AfD und der rechtsextremen Partei “Freie Sachsen”. Mit einer gezielten Kampagne versuchen die “Freien Sachsen”, AfD-Wähler zur Abgabe von Zweitstimmen zu mobilisieren, was die AfD mit Besorgnis betrachtet.
Die beiden rechtsextremen Parteien präsentieren sich im Wahlkampf gespalten. Im Werbespot der “Freien Sachsen” erklärt eine Frauenstimme: “Ich wähle die ‘Freien Sachsen'”, während ein Mann daraufhin fragt: “Ist Ihre Stimme dann nicht verschenkt? sollten wir nicht alle AfD wählen?”
Andreas Hofmann, DJ und Moderator, wirbt auf dem dritten Listenplatz der “Freien Sachsen” um Stimmen. Im Radiospot betont er, dass eine Zweitstimme für die AfD “verschenkt” wäre und argumentiert, dass die AfD ohnehin mehr Direktmandate erhält, als sie Sitze nach Zweitstimmen verdient. Er fordert die Wähler auf, die “Freien Sachsen” zu unterstützen, um zusätzliche “Patrioten” in den Landtag zu bringen.
AfD reagiert verärgert
Der AfD-Spitzenkandidat in Sachsen, Jörg Urban, äußert sich verärgert über die Aktivitäten der “Freien Sachsen”: “Zweitstimmenkampagnen für andere Parteien schaden uns ganz klar”, sagt er und betont die Bedeutung der Zweitstimmen im Wahlkampf.
Martin Braukmann, AfD-Direktkandidat in der Sächsischen Schweiz, geht noch weiter: “Alles, was sie bewegen, indem sie bei der Landtagswahl antreten, ist, uns zu schwächen.” Er fordert die “Freien Sachsen” auf, sich auf die Kommunalpolitik zu konzentrieren.
Laut Politikwissenschaftler Steffen Kailitz spricht die AfD eine ähnliche Klientel an wie die “Freien Sachsen”. Beide Parteien teilen eine ablehnende Haltung gegenüber Migration und betonen völkischen Nationalismus als gemeinsame ideologische Grundlagen.
Sie wollen einen “Säxit”
Das Landesamt für Verfassungsschutz stuft sowohl die “Freien Sachsen” als auch die AfD als rechtsextremistisch ein, obwohl Unterschiede im Grad der Radikalität bestehen. Besonders die “Freien Sachsen” zeichnen sich durch eine stärkere Verbreitung von Verschwörungstheorien aus und fordern einen “Säxit”, also den Austritt Sachsens aus der Bundesrepublik Deutschland.
Mit über 130.000 Abonnenten auf ihrem Telegram-Kanal sind die “Freien Sachsen” im Demonstrationsgeschehen in Sachsen gut etabliert. Sie führten bei Protesten vor den Häusern von Politikern, darunter dem parteilosen Landrat Dirk Neubauer, die Regie.
Die Partei rekrutiert Mitglieder auch aus anderen rechtsextremistischen Gruppen. Auf dem zweiten Listenplatz kandidiert Stefan Hartung, ein ehemaliges Mitglied der NPD, der die “Freien Sachsen” 2021 mitbegründet hat und noch im Vorstand ist.
Im Gegensatz zur AfD erlauben die “Freien Sachsen” Doppelmitgliedschaften. Peter Schreiber, Vorsitzender des sächsischen Landesverbands von “Die Heimat”, kandidiert im Landkreis Meißen für die “Freien Sachsen”.
Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene
Bei den Kommunalwahlen im Juni traten die “Freien Sachsen” erstmals flächendeckend an und gewannen Sitze in allen Kreistagen sowie Stadträten. Im Erzgebirgskreis erzielten sie 4,6 Prozent der Stimmen. Die Bundes-AfD führt die “Freien Sachsen” jedoch auf ihrer Unvereinbarkeitsliste.
Auf kommunaler Ebene gibt es dennoch eine Zusammenarbeit mit der AfD. In Eilenburg arbeiten beide Parteien seit Sommer in einer Fraktion zusammen. Urban betont jedoch, dass es sich nicht um eine gemeinsame Fraktion handelt.
Überschneidungen und Sympathien beim Personal
Maximilian Krah, der AfD-Spitzenkandidat zur Europawahl, hat ein wachsames Auge auf die “Freien Sachsen” und bezeichnet viele ihrer Mitglieder als “honorige” Menschen, die ohne negatives Vorurteil von der AfD gewechselt seien.
Politikwissenschaftler Kailitz bemerkt große Schnittmengen und Sympathien zwischen den beiden Parteien. Krah könnte ebenso gut für die “Freien Sachsen” kandidieren, so Kailitz, der konstatierte, dass die AfD Figuren wie Krah benötigt, um potenzielle Wähler, die zu den “Freien Sachsen” abwandern könnten, zurückzugewinnen.
Martin Kohlmann, der Vorsitzende der “Freien Sachsen”, beschreibt seine Organisation als Partner der AfD und hofft, gemeinsam eine Wende einzuleiten. Auf seinen Wahlplakaten nennt er sich sogar den zukünftigen stellvertretenden Ministerpräsidenten.
Steffen Kailitz schätzt, dass die “Freien Sachsen” bei der Landtagswahl zwei bis vier Prozent der Stimmen erhalten werden, was sie voraussichtlich nicht ins Parlament bringen wird.