Die Linke und die CSU haben die Wahlrechtsreform der Ampel-Koalition abgelehnt. Das aktuelle Urteil des Bundesverfassungsgerichts kommt diesen Parteien sehr gelegen. CSU-Chef Söder bezeichnete es als „Klatsche“ und kündigte an, weitere Teile der Novelle zurücknehmen zu wollen.
Die Union bewertet das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bezüglich des Wahlrechts als Niederlage für die Ampel-Regierung. CDU-Rechtspolitiker Günter Krings bezeichnete es als große Schlappe für die Koalition, insbesondere aufgrund der verschärften Fünf-Prozent-Klausel.
Andrea Lindholz, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, äußerte sich erfreut darüber, dass das Gericht die von der Ampel geplante Aufhebung der Grundmandatsklausel gestoppt hat. „Ich bin froh, dass das Bundesverfassungsgericht die Interessen kleiner regionaler Parteien, wie die CSU, berücksichtigt hat.“
CSU denkt über weitere Änderungen nach
CSU-Vertreter sehen in dem Urteil Spielraum für mögliche Änderungen nach der nächsten Bundestagswahl. Ein CSU-Politiker hinterfragte insbesondere die Regelung, wonach einige Wahlkreis-Sieger leer ausgehen könnten. „Obwohl dies juristisch vertretbar ist, gefährdet es die Demokratie“, äußerte der Abgeordnete in sozialen Medien. „Diese Regelung muss abgeschafft werden.“
Alexander Dobrindt, CSU-Landesgruppenchef, erklärte: „Dieses Element werden wir nach der Bundestagswahl korrekturieren und der Direktwahl in den Wahlkreisen wieder mehr Gewicht verleihen.“ Innerhalb der Union gibt es jedoch unterschiedliche Meinungen zu diesem Thema.
Söder spricht von „Wahlmanipulation“ der Ampel
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder äußerte sich zu dem Wahlrechtsurteil und bezeichnete es als klaren Erfolg für die CSU und Bayern sowie als Klatsche für die Ampel. „Die Wahlmanipulation der Ampel wurde erkannt und gerichtlich abgewiesen“, sagte Söder.
Söder bezeichnete das Urteil als Bestätigung des Kernanliegens der CSU, der Grundmandatsklausel. Er betonte zudem, dass die neue Zuteilungsregelung ein Defizit an direkter Demokratie mit sich bringt.
CSU will Zuteilungsregelung korrigieren
Nach dem neuen Wahlrecht wird künftig für die Anzahl der Sitze im Parlament allein das Zweitstimmenergebnis einer Partei entscheidend sein, auch wenn sie mehr Direktmandate gewonnen hat. Das führt dazu, dass Wahlkreisgewinner mit den schlechtesten Erststimmenergebnissen leer ausgehen.
„Das bedeutet, dass ein Stimmensplitting dazu führen kann, dass Bayern im nächsten Bundestag schlechter vertreten ist“, argumentierte Söder. „Beide Stimmen für die CSU sind essenziell, um bayerische Abgeordnete im Bundestag zu garantieren.“
Söder kündigte an, dass eine unionsgeführte Bundesregierung die neue Zuteilungsregelung umgehend ändern wolle. „Sollten die Wähler uns in die nächste Regierung wählen, werden wir dieses Ampel-Gesetz sofort revidieren. Das ist eine Koalitionsbedingung für die nächste Bundesregierung der CSU.“
AfD und Linke begrüßen Urteil aus Karlsruhe
Die AfD begrüßte das Urteil aus Karlsruhe, da die mögliche Verkleinerung des Bundestags mit erheblichen Einsparungen verbunden ist. Partei-Vize Stephan Brandner forderte weitere „Reform- und Verkleinerungsschritte“.
Auch die Linke zeigte sich mit dem Urteil zufrieden. Die Streichung der Grundmandatsklausel sei eine „undemokratische“ Entscheidung gewesen, die das Bundesverfassungsgericht zu Recht korrigiert habe. Dies sei ein „Teilerfolg“ für die Linke sowie andere kleine Parteien.
Eine ständige Abgeordnete der Linken bezeichnete die Streichung der Grundmandatsklausel als „total inakzeptabel“ und warnte vor einer „Entwertung der Erststimme“. Sie betonte, dass die Wähler nicht verstehen würden, warum ein mehrheitlich gewählter Kandidat nicht im Bundestag vertreten sein solle.
Linken-Politiker Gysi rechnet mit einem neuen Wahlrecht bereits im September 2025. Er forderte eine Beschleunigung des Prozesses, damit die Direktkandidaten frühzeitig aufgestellt werden können.
Regierungsparteien sehen Kern der Reform bestätigt
Die Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und FDP sehen die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hingegen nicht als Niederlage. Dirk Wiese, stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender, erklärte, dass die Verkleinerung des Deutschen Bundestags nun verfassungsgemäß vollzogen sei. Das Gericht habe das System der Zweitstimmendeckung als verfassungsgemäß eingestuft.
Britta Haßelmann, Fraktionsvorsitzende der Grünen, betonte die positiven Aspekte der Reform. Ihrer Meinung nach hat das neue Wahlrecht Bestand und wird ein kontinuierliches Wachstum des Bundestags verhindern.
Haßelmann sieht die Beibehaltung der Grundmandatsklausel für die nächste Wahl als nachvollziehbar an und hebt hervor, dass das Gericht nun Klarheit für die Bundestagswahl 2025 geschaffen hat.
Mützenich hält Wahlrechtsänderung vor September 2025 für möglich
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sieht ebenfalls die Möglichkeit einer Änderung des Wahlrechts vor der nächsten Bundestagswahl. Er kündigte an, dies in der Koalition und auch mit der Union zu beraten. Mit dem Urteil sei nun sichergestellt, dass der neue Bundestag eine Größe von 630 Mitgliedern hat.
Künftige Änderungen des Wahlrechts müssen sich jedoch an den Maßstäben des Verfassungsgerichts orientieren und die Begrenzung der Bundestagsgröße beibehalten.
Buschmann: Blockade hat Konsens verhindert
Justizminister Marco Buschmann äußerte, dass eine Blockade der CSU einen breiten Konsens mit der Union bei der Wahlrechtsreform verhindert hat. Die Regierungskoalition musste somit das Problem des „XXL-Bundestags“ alleine anpacken und hat dies mit der Reform erfolgreich bewältigt. Er warb für eine stärkere überparteiliche Zusammenarbeit bei wesentlichen politischen Entscheidungen.
Bas: Wichtiges Signal an die Wähler
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas sieht im Urteil der Verfassungsrichter ein bedeutendes Signal an die Wähler. Diese können nun sicher sein, dass das unkontrollierte Anwachsen des Deutschen Bundestages nicht mehr stattfinden wird. Dies schafft Planungssicherheit, begrenzt die Kosten und stärkt die Arbeitsfähigkeit des Parlaments.
Bas erklärte, dass das Bundesverfassungsgericht das Herzstück des neuen Wahlrechts, die Zweitstimmendeckung, bestätigt hat. Die Regelung, dass ein Wahlkreissieger nicht automatisch ins Parlament einzieht, wurde als verfassungsgemäß befunden.
CSU und Linke sahen sich durch Reform bedroht
Die Linke profitierte bei der Wahl 2021 von der Grundmandatsklausel, wodurch sie in Fraktionsstärke ins Parlament einziehen konnte. Die Reform wird dieser Partei bei der kommenden Wahl diesen Vorteil nehmen. Auch die CSU fühlte sich durch die Wahlrechtsreform bedroht und hat gemeinsam mit der Schwesterpartei CDU Klage vor dem Bundesverfassungsgericht eingereicht.