Der Streit über den Bundeshaushalt zwischen den Ampel-Parteien eskaliert inmitten der Sommerpause. Führende Politiker der SPD kritisieren Finanzminister Lindner scharf und fordern klare Positionen von der FDP und den Grünen.
Im neu entfachten Haushaltskonflikt werfen SPD- und Grünen-Politiker Finanzminister Lindner erhebliche Vorwürfe vor. Lindner hatte nach einem Kompromiss mit Kanzler Scholz und Vizekanzler Habeck zur Etatplanung 2025 mehrere Vorhaben auf rechtliche und wirtschaftliche Risiken überprüfen lassen.
Das Ergebnis dieser Prüfung zeigt verfassungsrechtliche Bedenken bei bestimmten Plänen der Bundesregierung. Insbesondere gibt es Fragen zur Nutzung von 4,9 Milliarden Euro der KfW, die für Gaspreisbremsen eingeplant waren. Lindner kündigte Nachverhandlungen über den Haushalt an und sprach von einer geschätzten Haushaltslücke von etwa fünf Milliarden Euro.
“Kein guter Stil”
Diese Situation sorgt für Unmut in der ohnehin angespannten Sommerphase. SPD-Chefin Esken bezeichnete Lindners Vorgehen als “unanständig” und vermutete parteipolitisches Kalkül. Sie kritisierte, dass Lindner seine Kritik öffentlich äußerte, anstatt zuerst mit Kanzler Scholz zu sprechen. “Das beschädigt die Regierung,” warnte Esken.
Auch SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert äußerte sich negativ: “Sich hinter Gutachten zu verschanzen, während der Kanzler im Urlaub ist, ist kein guter Stil.” Sein Kommentar ließ keinen Zweifel daran, dass er Lindners Veröffentlichung als Selbstvermarktung ansieht.
Grünen-Fraktionsvize Audretsch warf Lindner vor, eine gemeinsame Vereinbarung einseitig aufgekündigt zu haben. “Jetzt muss er Lösungen präsentieren”, forderte er. Außerdem betonte er, dass bei den Themen Soziales und Klimaschutz nicht gespart werden dürfe.
Auch der SPD-Haushaltsexperte Post mahnt an, dass der Staatshaushalt kein Sparhaushalt sein darf. “Er muss soziale Gerechtigkeit und Sicherheit gewährleisten sowie notwendige Investitionen tätigen.” Lindner solle nun konkrete Maßnahmen zur Schließung der Haushaltslücke vorstellen.
Einigung im Juli
Ursprünglich hatten die Spitzen der Ampelkoalition im Juli einen Kompromiss zum Haushalt erzielt, nachdem wochenlange Verhandlungen nötig waren, um eine Lücke von mindestens 30 Milliarden Euro zu schließen.
Die Prüfung, die von Lindner in Auftrag gegeben wurde, identifizierte jedoch rechtliche Bedenken bei der Verwendung der KfW-Mittel sowie bei der Vergabe von Darlehen an die Autobahngesellschaft.
“Das passiert mir kein zweites Mal”
Lindner verteidigte seine Entscheidung im Sommerinterview und verwies darauf, dass die Prüfung mehrerer Maßnahmen im Vorfeld vereinbart worden sei. Bereits bei der Vorstellung des Haushalts habe er Transparenz signalisiert, indem er externe Sachverständige beauftragte.
Der Finanzminister betonte, dass er sich nicht erneut auf einen instabilen Koalitionskompromiss einlassen wolle, der am Ende vom Bundesverfassungsgericht abgelehnt werden könnte. “So etwas passiert mir nicht noch einmal,” versicherte Lindner.
Djir-Sarai spricht von “Schuldenpopulismus”
FDP-Generalsekretär Djir-Sarai verteidigte die Linie seiner Partei und kritisierte die Forderungen, die Schuldenbremse zu lockern. “Der Schuldenpopulismus von SPD und Grünen ist nicht akzeptabel,” sagte er und forderte einen verantwortungsvollen Umgang mit Steuermitteln.
FDP-Fraktionschef Dürr unterstrich, dass die Haushaltslage nicht dramatisch sei. “In den Grundzügen steht der Haushalt,” betonte er und wies darauf hin, dass die gesamte Etatplanung mit 480 Milliarden Euro wesentlich größer sei als die geschätzte Lücke von fünf Milliarden Euro.
Aus Lindners Sicht bleibt ausreichend Zeit, um Lösungen zu erarbeiten. Gespräche mit den Kanzler und dem Vizekanzler sind für die nächsten Tage angesetzt, wonach der Entwurf des Haushalts im Bundestag zur Abstimmung kommen soll.