Mit nur 18 Jahren begeistert Tischtennis-Talent Annett Kaufmann die Zuschauer bei den Olympischen Spielen in Paris und sendet eine Kampfansage an China. In einem exklusiven Interview offenbart sie, warum sie als “Fake-Linkshänderin” gilt, wie sie durch ihre reduzierte Trainingszeit beeindruckt und was ihr ganz persönlicher Traum mit Taylor Swift ist.
ECNETNews: Frau Kaufmann, haben Sie ein Lieblingsmärchen?
Annett Kaufmann: “Rapunzel” und “Der gestiefelte Kater” von den Gebrüdern Grimm sind meine Favoriten.
Ihr märchenhafter Auftritt bei den Olympischen Spielen in Paris endete mit einem beeindruckenden vierten Platz im Team-Wettbewerb.
Wäre mir vor einem Jahr jemand von meinen ersten Olympischen Spielen berichtet hätten, ich hätte es sofort unterschrieben. Der Start bei Olympia hätte nicht besser sein können. Es fühlt sich an wie ein Märchen, dass alles so gut zusammengepasst hat.
Ursprünglich wurden Sie als Ersatzathletin nominiert. Wie haben Sie die plötzliche Chance wahrgenommen?
Ich wusste, dass die olympischen Spiele eine besondere Erfahrung sind, aber ich war vor jedem Spiel vollkommen entspannt.
Gab es bei Ihrem Auftritt in Paris Nervenflattern?
Ich bin von Natur aus nicht nervös und genieße das Sprechen vor großen Menschenmengen. Die Atmosphäre in Paris hat mich positiv beeinflusst und nach 14 Jahren Tischtennis habe ich bereits viele Erfahrungen gesammelt.
Wie haben Sie die Verantwortung für Ihr Team in Paris wahrgenommen?
Ich habe mir keine Sorgen gemacht und mit meiner guten Freundin aus Ägypten geplant. Unser Erfolg in Paris war das Ergebnis echter Teamarbeit. Jede von uns spielte eine bedeutende Rolle.
Wie bewahren Sie Ihre Unbeschwertheit im Sport?
Das liegt einfach in meinem Charakter. Meine Familie, insbesondere meine Leistungssportler-Eltern und meine Schwester, unterstützen mich emotional. Ich hoffe, dass ich meine Lockerheit beibehalte.
Gab es einen besonderen Moment, der Ihnen im Gedächtnis geblieben ist?
Der Moment, als ich den Matchball verwandelte und wir ins Halbfinale eingezogen sind, war überwelming. Es war ein sehr befreiender Augenblick.
Fühlen Sie die Euphorie, die Sie bei den Menschen in Deutschland ausgelöst haben?
Emotionen sind Teil des Sports. Ich habe viele Nachrichten erhalten, in denen die Menschen mit uns gefühlt haben. Es ist großartig, dass Tischtennis in Deutschland mehr Aufmerksamkeit bekommt.
Wie haben Sie die emotionale Höhe nach Ihrem Sieg im Halbfinale erlebt?
Es war ein wichtiger Moment, der mir Selbstvertrauen gegeben hat. Ich weiß jetzt, dass ich Top-Spielerinnen schlagen kann, wenn ich mein bestes Spiel zeige.
Wie wichtig ist Video-Analyse im Tischtennis?
Früher bin ich ohne viel Analyse in die Spiele gegangen. Bei Olympia hatten wir jedoch einen Videoanalysten, der uns half, die Stärken und Schwächen der Gegnerinnen zu erkennen.
Hatten Sie nach dem Turnier mit post-olympischer Depression zu kämpfen?
Nicht wirklich, ich fühle mich einfach glücklich. Es war eine einzigartige Erfahrung und ich blicke optimistisch auf die Zukunft.
Wie bewerten Sie Ihren vierten Platz?
Niemand freut sich wirklich über den vierten Platz. Trotzdem habe ich mich danach auf die positiven Aspekte konzentriert und hoffe, dass es nicht meine letzten Olympischen Spiele waren.
Hat Ihre ältere Schwester einen Einfluss auf Ihre Karriere gehabt?
Absolut, ich wollte immer die gleichen Pokale wie sie haben. Sollte ich einmal eine olympische Medaille gewinnen, wäre ich bereit, sie mit ihr zu teilen.
Ist es ein Vorteil, dass Sie Linkshänderin sind?
Ja, es gibt einen strategischen Vorteil, da viele Spieler keine Erfahrung im Spiel gegen Linkshänder haben. Außerdem bin ich nur eine “Fake-Linkshänderin”. Ich schreibe und werfe mit rechts, spiele aber Fußball und Volleyball mit links.
Wie viel Zeit haben Sie als Kind mit dem Training verbracht?
Ich habe etwa anderthalb Stunden pro Tag, fünfmal pro Woche trainiert, weil es für mich vor allem ein Hobby war.
Hat sich Ihr Spiel im vergangenen Jahr weiterentwickelt?
Ja, insbesondere mental. Ich habe gelernt, ruhiger und geduldiger zu sein, was mein Spiel positiv beeinflusst hat.
Haben Sie eine spezielle Strategie entwickelt, um die chinesischen Spielerinnen zu schlagen?
Alle Spielerinnen sind Menschen. Es gibt bereits Erfolge europäischer Männer im Tischtennis und ich glaube fest daran, dass auch ich die besten Spielerinnen schlagen kann.
Wie sehen Sie Ihre Zukunft als Vollzeitprofi nach dem Abi?
Ich habe eine gute Balance zwischen Sport und Freizeit, was mir hilft, meine Jugend nicht zu verpassen.
Was ist Ihre Lieblingsaktivität abseits des Tischtennis?
(lacht) Ich dominiere natürlich auch beim Beerpong, selbst wenn ich kein Bier mag!
Wie war Ihr Sommer nach all den Erfolgen und Erlebnissen?
Mein Sommer war aufregend und ereignisreich. Es war ein Traum, beim Taylor-Swift-Konzert dabei zu sein. Es wäre das absolute Highlight, einmal Beerpong mit ihr zu spielen!