Analyse
Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU, fordert eine striktere Migrationspolitik und hat im Zuge des Solingen-Anschlags spezifische Maßnahmen vorgeschlagen. Einige dieser Forderungen unterliegen jedoch erheblichen rechtlichen Herausforderungen.
In einer E-Mail an interessierte Bürgerinnen und Bürger äußerte Merz am Sonntag seine Ansichten zum Asylrecht, welche direkt an Bundeskanzler Olaf Scholz gerichtet waren. In verschiedenen Interviews hat er seine Positionen zudem weiter ausgeführt, wobei nicht alle Vorschläge wiederholt wurden.
Die rechtlichen Implikationen dieser Vorschläge sind komplex und controvers. Das bestehende Asylrecht ist stark durch europäische und völkerrechtliche Bestimmungen geprägt und die Rechtsprechung ist oft von den individuellen Gegebenheiten abhängig. Hier sind acht konkrete Forderungen von Merz zu betrachten:
1. Dauerhafte Kontrollen an den deutschen Grenzen mit konsequenter Zurückweisung
Die Idee, Grenzen zu kontrollieren und den Zugang zu verweigern, stößt auf rechtliche Barrieren durch das EU-Recht. Im Schengenraum sind die Grenzen geöffnet, was die Zuverlässigkeit einer dauerhaften Kontrolle über die Außengrenzen in Frage stellt.
Deutschland kann seine Grenzen als Mitglied des Schengenraums nicht unbegrenzt kontrollieren. Aktuell erfolgen zwar Kontrollen aufgrund von Asylbewerbungen, jedoch sind diese stets zeitlich und müssen der EU-Kommission begründet werden.
2. Inkraftsetzung der Dublin-Verordnung
Die Dublin-III-Verordnung sollte ein geordnetes Asylverfahren gewährleisten, indem sie festlegt, welches EU-Land für den Asylantrag zuständig ist. Da Deutschland keine Außengrenze hat, wird es selten als zuständiges Land ausgewiesen.
Die Verordnung schreibt vor, dass Asylbewerber nicht an der deutschen Grenze abgewiesen, sondern in das Land an der Außengrenze zurückgestellt werden müssen, was rechtlich und praktisch eine Herausforderung darstellt.
3. Dublin-III-Verordnung aussetzen
Merz schlägt vor, die Dublin-III-Verordnung auszusetzen und stattdessen direkt an den Grenzen Kontrollmaßnahmen durchzuführen. Experten weisen jedoch auf die rechtlichen Hürden hin, die dies mit sich bringen könnte.
4. Pauschaler Aufnahmestopp für Menschen aus Syrien oder Afghanistan
Diese Forderung stößt auf rechtliche Widerstände, da das Grundgesetz das Recht auf Asyl schützt und eine Einzelfallprüfung erfordert. Dies würde selbst im Falle einer Grundgesetzänderung nicht vollständig ausgeschlossen werden können.
5. Aufenthaltstitel aberkennen, sobald jemand in sein Heimatland reist
Bestehende Regelungen besagen, dass Geflüchtete bei Rückkehr in ihr Heimatland ihre Flüchtlingseigenschaft verlieren können. Eine Änderung dieser Regelungen müsste jedoch durch gesetzliche Anpassungen erfolgen und könnte durchaus langwierig sein.
6. Ausreisepflichtige Syrer und Afghanen in die Heimatländer abschieben
Eine Abschiebung kann nur unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen vollzogen werden und scheitert oft an der Rücknahmebereitschaft der Herkunftsländer, insbesondere in Krisengebieten.
7. Ausreisepflichtige Straftäter zeitlich unbegrenzt in Abschiebehaft nehmen
Diese Forderung könnte sich als schwer umsetzbar erweisen, da das geltende Recht klare maximale Fristen für die Abschiebehaft vorsieht und eine Einzelfallprüfung erfordert, die nicht außer Acht gelassen werden kann.
8. Pläne mit der CDU umsetzen, nötigenfalls ohne die Ampel-Parteien FDP und Grüne
Merz fordert von Kanzler Scholz, die Abstimmung solcher Maßnahmen zu ermöglichen, was zu einem Bruch der derzeitigen Koalition führen könnte. Die rechtlichen und politischen Implikationen sind hierbei nicht zu unterschätzen.