Porträt
Jörg Urban, der Spitzenkandidat der AfD in Sachsen, präsentiert sich stark unterschiedlich zu seinem thüringischen Pendant Björn Höcke. Trotz dieser Unterschiede betont Urban, dass ihre Inhalte sich ähneln.
Jörg Urban zeigt sich stets gut gekleidet und professionell. Egal ob im Landtag, an Wahlständen oder in seinen sozialen Medien, er trägt immer Anzüge in gedeckten Farben – meist Blau oder Beige – kombiniert mit einem weißen Hemd und oft einer roten Krawatte. So präsentiert sich Urban mittlerweile seit zehn Jahren als Berufspolitiker.
Fotografien von Urban in legerer Kleidung sind nicht zu finden. Während andere Politiker wie sein CDU-Konterfei Michael Kretschmer oder Tino Chrupalla sich mit personalisierten Kleidungsstücken und Accessoires unterscheiden, bleibt Urban bescheiden und bürgerlich in seiner Ausstrahlung. Dies führt gelegentlich zu Kritik, sogar innerhalb seiner eigenen Partei.
Unterstützer wie der AfD-Stadtrat Hans-Heiner Krüpper argumentieren jedoch, dass Urban eine Person des Volkes ist, die keine Show abzuziehen versucht. Diese bescheidene Art könnte auch der Grund sein, warum die sächsische AfD sieben Jahre zuvor bei der Entscheidung um die Nachfolge von Frauke Petry auf Urban setzte, während andere Provokateure zur Debatte standen.
Vom Atomkraftgegner zum Berufspolitiker
Urban, 60 Jahre alt und Umweltaktivist in der ersten Hälfte seines Berufslebens, hat eine bemerkenswerte Wandlung durchlaufen. Nach dem Studium des Wasserbaus an der TU Dresden arbeitete er zunächst als freiberuflicher Bauingenieur und wurde 1998 Geschäftsführer des Umweltvereins “Grüne Liga”.
Während seiner Zeit bei der Grünen Liga nahm Urban an Demonstrationen gegen Atomkraft teil und protestierte aktiv gegen die Fällung von Bäumen. Diese politischen Aktivitäten scheinen im Kontrast zu seiner Rolle als führender Vertreter einer Partei mit rechtsextremen Vorwürfen zu stehen.
Urban wird von seiner Partei weiterhin als Schlüsselperson gefördert, was er selber als Ausdruck seines anhaltenden Engagements für Naturschutz und gegen Naturzerstörung interpretiert.
Grüne Liga: “Keine Gemeinsamkeiten mehr”
Die AfD, die nun die Nutzung der Kernenergie befürwortet, sieht Urban als relevante Figur, während die Grüne Liga sich von ihm distanziert hat und keine gemeinsamen Werte mehr erkennt.
“Dann richtet das Volk und dann gnade euch Gott!”
Urban ist bekannt für seinen Auftritt als eloquenter Redner, der oft vor umfangreicher Menschenmenge sprechen kann. Sein Radikalismus wird besonders deutlich, wenn er in hitzigen Situationen auftritt und appelliert, dass das Volk für Gerechtigkeit sorgen muss.
Reden bei Pegida
Urban hat keine Scheu vor Auftritten bei Demonstrationen und hat sich in der Vergangenheit mit Bewegungen wie “Pegida” identifiziert, was von seinen politischen Gegnern als problematisch angesehen wird.
Im aktuellen Verfassungsschutzbericht findet sich auch eine Dokumentation von Urban’s Reden, in denen er kontroverse Themen wie Migration und Medienkritik behandelt, was zu seiner Reputation in rechtsextremen Kreisen beiträgt.
Ursprünglich forderte Urban während der Pandemie stärkere Schutzmaßnahmen, änderte jedoch schnell seinen Kurs und solidarisierte sich mit den Maßnahmen von “Querdenkern”.
Besondere Beziehung zu Russland
Urban ist oft auf Friedensdemonstrationen aktiv, bei denen er sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und Russland-Sanktionen auspricht. Er hat eine persönliche Verbindung zu Russland, die er während seiner Studienzeit entwickelte und durch seine Familienverhältnisse vertiefte.
Urban äußert, dass er die politische Beziehung zu Russland bedauert und sieht die Berichterstattung in den Medien als politisch verzerrt an.
“Es geht nicht um mich”
Im sächsischen Landtagswahlkampf 2024 setzt die AfD auf den Slogan “Damit Sachsen Heimat bleibt”. Urban ist überzeugt, dass es bei seiner Kampagne um größere Ziele geht, versichert jedoch, dass seine Person dabei eine untergeordnete Rolle spielt.
Gerald Urban stellt sich damit als bescheidener Kämpfer dar, der die Ideale seiner Partei über sein eigenes Ego stellt und gleichzeitig eine radikalere Agenda im Hintergrund pflegt.