Die Herausforderungen des Politikers: Erreichbarkeit, Krisenbewältigung und der Druck, stark zu erscheinen. Der Rücktritt von SPD-Generalsekretär Kühnert aufgrund gesundheitlicher Probleme bietet Einblicke in eine belastende Berufswelt.
Kurz vor seinem Rücktritt diskutierte Kevin Kühnert in einer Talkshow über die Erklärung von Wahlergebnissen. Bereits bei der Begrüßung wirkte der SPD-Politiker erschöpft. Generalsekretäre müssen rund um die Uhr bereit sein, sich zu äußern – egal, ob morgens oder abends. Der Stress und der Zeitdruck sind konstant.
“Der Job endet nie um fünf”, erklärt Peter Tauber, ehemaliger Generalsekretär der CDU. Ein freies Wochenende ist selten; immer gibt es Herausforderungen. “Keiner kann sagen, heute ist Samstag.” Tauber gibt zu, wichtige Warnsignale ignoriert zu haben und findet, Kühnert sei weiser gewesen als er.
“Es ging nicht mehr”
In einer kritischen Situation musste Tauber gegen drei Uhr morgens den Notarzt rufen, obwohl er um sechs Uhr einen Interviewtermin hatte. “Es ging nicht mehr”, erklärt er und berichtet von seiner schweren Darmentzündung und den anschließenden Operationen.
Heute hat sich Tauber vollständig aus der Politik zurückgezogen und gewinnt einen veränderten Blick auf frühere Ereignisse, insbesondere auf Wahlabende.
Ein Beispiel: Während der “Berliner Runde” muss er erklären, warum die Partei verloren hat. Statt die Kandidaten zu kritisieren, lobt er die ehrenamtlichen Wahlkämpfer. “Man kann nicht öffentlich das Ergebnis als katastrophal bezeichnen, wenn man die harte Arbeit anerkennen möchte”, betont Tauber.
Immer wieder Wahlergebnisse erklären
Auch Grünen-Chefin Ricarda Lang kennt den Druck, nach enttäuschenden Wahlergebnissen Rede und Antwort zu stehen. In einer Dokumentation beschreibt sie, wie herausfordernd es ist, vor der Kamera zu erklären, was schiefgelaufen ist.
Lang hat sich kürzlich ebenfalls aus der Führungsposition zurückgezogen, was zeigt, wie hoch der Druck ist, der auf politischen Akteuren lastet.
Furcht vor dem Machtverlust
Die Angst, Schwäche zu zeigen, kann politische Macht kosten. Ein Beispiel ist der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl, der 1989 während eines Putsches und trotz gesundheitlicher Probleme durchhielt, anstatt sich die erforderliche Hilfe zu holen.
Ähnlich erlebte es der SPD-Politiker Peter Struck, der im Amt einen Schlaganfall erlitt und dies zunächst vor seinem Vorgesetzten geheim hielt.
Merkels Zittern
Politische Schwäche lässt sich nicht immer verbergen. 2019 geriet Bundeskanzlerin Angela Merkel während einer Zeremonie ins Zittern, was viele Fragen aufwarf. Erst nach ihrer Amtszeit erklärte sie die Situation, gekennzeichnet durch persönliches Leid und Erschöpfung.
Überzeugungstäter in der Politik
Manuela Schwesig war ebenfalls schwer erkrankt, zog sich aber nicht ganz aus der Politik zurück. Sie setzt sich für die Rechte der Überzeugungstäter in der Politik ein, bestätigt Tauber, der auf die Herausforderungen hinweist, denen Politiker gegenüberstehen.
Er mahnt: Ehrlichkeit über die Belastungen und die Notwendigkeit von Pausen sind für Politiker entscheidend. Tauber selbst hat sein Leben nach der politischen Karriere neu gestaltet und plant keine Rückkehr ins Rampenlicht.