Die Reform des Abtreibungsrechts steht vor einer entscheidenden Wende, da die FDP signalisiert hat, ihre Unterstützung zurückzuziehen. Zivilgesellschaftliche Verbände üben indes Druck auf die Abgeordneten aus, um eine Abstimmung zu ermöglichen.
Die von einer breiten parlamentarischen Gruppe unterstützte Reform des Abtreibungsparagrafen 218 im Strafgesetzbuch könnte scheitern.
FDP-Rechtspolitiker Thorsten Lieb hat klargestellt, dass er gegen eine Sondersitzung des Bundestags-Rechtsausschusses ist, die für eine Schlussabstimmung notwendig wäre.
Lieb äußerte sich in Anbetracht einer bevorstehenden Anhörung zu dem Gesetzentwurf. Die Zustimmung der FDP ist entscheidend für eine Mehrheit im Ausschuss.
Unterstützt durch eine Petition
50 Zivilgesellschaftsverbände fordern in einem Eil-Appell an die Bundestagsabgeordneten eine baldige Abstimmung. Vertreter dieser Verbände übergaben vor dem Reichstagsgebäude zwei Petitionen mit über 300.000 Unterzeichnern.
In der Petition wird eine zeitnahe Beratung des Gesetzentwurfs im Rechtsausschuss sowie eine Schlussabstimmung vor der Bundestagswahl gefordert.
Zu den unterstützenden Verbänden zählen unter anderem Pro Familia, der Deutsche Gewerkschaftsbund und der Deutsche Frauenrat.
Entkriminalisierung in den ersten zwölf Wochen
Der Gesetzentwurf, der maßgeblich von den Grünen und der SPD getragen wird, zielt darauf ab, Schwangerschaftsabbrüche aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Abtreibungen sollen bis zur zwölften Woche legal sein, wobei die Beratungspflicht für betroffene Frauen bestehen bleibt.
Aktuell ist eine Abtreibung in Deutschland generell rechtswidrig, jedoch bleiben Abtreibungen in den ersten zwölf Wochen straffrei, sofern eine vorherige Beratung stattgefunden hat.
Der Abtreibungsparagraf 218 im Strafgesetzbuch regelt derzeit die Situation, und die Initiatoren schlagen eine Gesetzesänderung vor.
Ob die Reform vor der Wahl im Bundestag zur Abstimmung kommt, hängt von der Durchführung einer Sondersitzung des Rechtsausschusses ab – ohne diese wird eine Abstimmung vor der Wahl unmöglich sein. Der Bundestag tritt planmäßig nur diese Woche Dienstag zusammen.
Grünen-Fraktionsvorsitzende appelliert an die Union
Britta Haßelmann, die Grünen-Fraktionsvorsitzende, appellierte an die Abgeordneten der Union, den Weg für eine Abstimmung noch freizumachen. “Setzen Sie sich mit der Materie auseinander und blockieren Sie nicht die Abstimmung im Deutschen Bundestag!”, sagte Haßelmann.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus bekräftigte ebenfalls die Dringlichkeit einer Reform: “Jetzt ist die Chance für eine verfassungsrechtsfeste Regelung.”, so die Grünen-Politikerin, die den Gruppenantrag mitunterzeichnet hat.