Protest gegen Luxushotel
Polizei räumt besetzten Boule-Traditionsklub am Montmartre
23.10.2024, 08:50 Uhr
Monatelange Proteste von Spielern eines traditionsreichen Boule-Klubs in Paris setzten ein starkes Zeichen gegen die Pläne eines Luxushotels, das dort ein Gastronomieangebot realisieren möchte. Die Polizei greift jetzt zur Räumung.
In einem dramatischen Einsatz rückte die Bereitschaftspolizei in Paris an, um den besetzten Boule-Klub in der Nähe des Montmartre zu räumen. Am Montagnachmittag versammelten sich etwa 80 Mitglieder des “Club Lepic Abbesses Pétanque”, die sich als Zeichen des Widerstands auf den Boden gelegt hatten, vor den Augen zahlreicher Touristen.
Die Stadt plant, das Gelände, auf dem der nach eigenen Angaben mitgliederstärkste Boule-Klub der Hauptstadt seit 1971 aktiv ist, einem Luxushotel zu überlassen, um dort eine Gartengastronomie zu etablieren. Am Abend rissen die Ordnungskräfte das Vereinsheim, das laut Klub seit über 30 Jahren unter Denkmalschutz steht, ab.
Der Klub hat seit zwei Jahren gegen das drohende Aus seines “Boulodrome” mobilisiert. Eine Petition gegen die Räumung sammelte über 13.000 Unterschriften. In der Petition wurde betont, dass der Klub sowohl die ernsthafte Ausübung des Boule-Spiels als auch Geselligkeit fördere. Seit über 50 Jahren ist der Klub ein Ort des Austauschens für Anwohner aller Altersgruppen.
Die Stadt begründete die Räumung mit der Aussage, dass die Boule-Spieler “Besetzer ohne Recht und Titel” seien. Der Boule-Klub hatte lange Zeit vergeblich um eine Nutzungsvereinbarung für das Gelände gebeten, und die aktuelle Räumungsaktion erfolgte nach einer Entscheidung des Staatsrats, die zugunsten der Stadt fiel.
„Wir setzen hier keinen Schlusspunkt“
„Schockierend ist, dass die Ordnungskräfte für einen privaten Betreiber arbeiten und einen denkmalgeschützten Ort zerstören“, äußerte der Präsident des Boule-Clubs. Der Direktor des Luxushotels habe bereits am Mittag das Geländer betreten und ein Banner für die zukünftige Gartengastronomie aufgestellt. „Wir werden hier keinen Schlusspunkt setzen“, betonten die Anwälte des Klubs während des Polizeieinsatzes. „Wir werden alle uns zur Verfügung stehenden Rechtsmittel ausschöpfen.“
Der Boule-Klub hat in der Vergangenheit mehrfach vor dem Verwaltungsgericht gekämpft, bevor der Staatsrat im April zugunsten der Stadt entschied. Der Klub erhielt 15 Tage Zeit, um das Gelände zu räumen, mit der Androhung einer Strafe von 500 Euro pro Tag bei verspäteter Räumung.
In den letzten Wochen hatten Klub-Mitglieder Wache gehalten, um sich gegen eine mögliche Räumung zu schützen. Bei der aktuellen Polizeimaßnahme kam es jedoch zu keinen gewalttätigen Auseinandersetzungen oder Verletzten.
Politiker und Prominente solidarisieren sich
Die Polizeiaktion hat breite Empörung ausgelöst, insbesondere bei politischen Vertretern und Prominenten. Ein französischer Abgeordneter äußerte, dass dieser Tag ein Drama für die Anwohner sei, die diesen Ort seit Jahrzehnten regelmäßig besuchen. Auch Schauspieler kritisierten die Entscheidung der Stadt Paris, Luxustourismus über lokale Traditionen zu stellen.
Trotz der Räumung müssen die Vereinsmitglieder ihre Boule-Kugeln jedoch nicht einmotten. Dank der Unterstützung eines benachbarten Boule-Klubs können sie vorerst das dortige “Boulodrome” nutzen und ihre Kurse im Volkssport fortsetzen.