Analyse
Ein Wahlprogramm, eine neue Jugendorganisation und eine richtungsweisende Rede von Alice Weidel – der Parteitag der AfD in Riesa bestätigte eindrucksvoll die Ambitionen der Partei.
Alice Weidel präsentierte sich energisch vor dem Publikum, umgeben von 16 Deutschland-Fahnen. Mit ausgestreckten Armen und einem eindringlichen “Schwarz-rot-gold, liebe Freunde” sorgte sie für lautstarken Beifall der AfD-Anhänger. Ihr Auftritt wird als besonders stark und durchsetzungsfähig wahrgenommen.
Kanzlerkandidatin per Akklamation
Weidel wurde in einer blitzschnellen Abstimmung zur Kanzlerkandidatin ernannt. AfD-Co-Chef Tino Chrupalla stellte sie vor und erklärte, er unterstütze sie voll und ganz. Bei der Abstimmung blieb das Publikum sitzend, was Spekulationen über eine mögliche unzureichende Zustimmung aufwarf.
Die Partei steht stark hinter Weidel, die sowohl bewundert als auch gefürchtet wird. Ihr dominanter Führungsstil sorgt für Diskussionen, doch als sie die Bühne betrat, schwenkten die Anhänger mit Fähnchen und skandierten “Kanzlerin der Herzen”, während ihre Rede als bedeutende Kursänderung wahrgenommen wurde.
Ein neuer Sound
Weidels Rede zeichnete sich durch klare, richtungsweisende Aussagen aus. Sie äußerte sich gegen Windkraftanlagen: “Nieder mit diesen Windmühlen der Schande!” und plädierte für “dichte” Grenzen, einen EU-Austritt aus dem aktuellen Asylsystem und die Abschaffung von Gender Studies. Migranten ohne Bleiberecht sollten konsequent abgeschoben werden, wobei sie auch den Begriff “Remigration” verwendete.
Ihr Stil bleibt scharf und dynamisch, wobei sie zuvor eher versuchte, die AfD als koalitionsfähig darzustellen. Die aktuelle Rhetorik könnte dem Ziel ihrer Kanzlerkandidatur eher schaden als nützen.
Der Gegner: CDU
Weidel identifiziert die CDU klar als ihren Hauptgegner und bezeichnet sie als “Betrüger-Partei”. Dieser politische Kurswechsel, der sich vor dem Parteitag vollzog, sieht eine klare Abkehr von der bisherigen Kritik an den Grünen.
Die CDU hat Anträge der AfD übernommen und schließt eine Diskussion über die Grünen praktisch aus. Am Ende der Rede skandierte das Publikum “Alice für Deutschland”, was an frühere, umstrittene Parolen erinnert.
“Remigration” nun im Wahlprogramm
Der Begriff “Remigration” spielt eine zentrale Rolle im aktuellen Parteitag. Die AfD hat den Begriff in der Vergangenheit gemieden, steht jetzt jedoch zu einem Konzept, das auch die Rückführung von Deutschen mit Migrationshintergrund umfassen könnte.
In Riesa wurde beschlossen, den Begriff im Wahlprogramm zu verankern: “Remigration” steht für die konsequente Abschiebung von Asylsuchenden und die Rückführung von Flüchtlingen, wenn sich die Bedingungen im Heimatland ändern.
Die Delegierten unterstützten den Antrag einstimmig, nachdem erklärt wurde, dass die AfD die Deutungshoheit über den Begriff zurückgewinnen müsse.
Paradebeispiel für die Diskursverschiebung
Der Parteitag illustriert die Diskursverschiebung, die die AfD seither vorantreibt. Sie umformulieren kritische Begriffe und werfen anderen eine hysterische Haltung vor. Diese Strategie hat sich als erfolgreich erwiesen, da die AfD mittlerweile zweitstärkste Kraft im deutschen Parlament ist.
Ihr Wahlprogramm umfasst auch die Wiedereinführung der Wehrpflicht, den Wiedereinstieg in die Kernkraft, und Maßnahmen zur Bekämpfung der Inflation und zur Stärkung der internationalen Beziehungen.
AfD trennt sich von Jugendorganisation
Ein zentrales Thema war die Zukunft der AfD-Jugendorganisation, die bisher als risikobehaftet gilt. Um die Parteiverantwortung zu stärken, wurde beschlossen, dass künftig nur Mitglieder der AfD auch Mitglieder der Jugendorganisation werden können, was Disziplinarmaßnahmen ermöglicht.
Die Neuausrichtung zielt darauf ab, mehr Kontrolle über die Jugendorganisation zu gewinnen, um zukünftigen Skandalen vorzubeugen.
Neue Jugendorganisation soll kommen
Mit dem Antrag wird die Gründung einer neuen Jugendorganisation in Aussicht gestellt, die eng an die Partei gebunden ist. Der Name “Patriotische Jugend” wird diskutiert.
Tino Chrupalla äußerte sich optimistisch über die Gründung: “Nach zwölf Jahren wäre es an der Zeit, eine professionellere Jugendorganisation ins Leben zu rufen.” Der erste April wurde als Gründungsdatum genannt.