“Notfälle versorgen wir sofort”
Kassenarztchef nennt Terminstreit “populistischen Blödsinn”
28.12.2024, 01:18 Uhr
Steht Kassenpatienten wirklich eine längere Wartezeit als Privatversicherten bevor? Der Kassenarztchef Gassen bezeichnet die gesamte Debatte als Stimmungsmache und kritisiert die SPD für ein Ablenkungsmanöver von eigenen Fehlern.
In der Auseinandersetzung über vermeintliche Ungerechtigkeiten bei der Terminvergabe in Arztpraxen stellt sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) gegen die Anschuldigungen, dass Kassenpatienten erhebliche Wartezeiten in Kauf nehmen müssen. “Für viele Hauspraxen trifft dies nicht zu, sie bieten Akut-Sprechzeiten an”, erläuterte KBV-Vorsitzender Andreas Gassen. Auch bei Fachärzten seien die Wartezeiten im internationalen Vergleich nicht lang.
„In Deutschland haben Patienten zudem die freie Arztwahl. Dies kann bedeuten, dass sie bei gefragten Ärzten Wartezeiten akzeptieren müssen“, so Gassen weiter. Echte Notfälle würden „trotz aller Stimmungsmache“ umgehend behandelt.
Die KBV wehrt sich gegen die Kritik des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen, der eine Bevorzugung von Privatversicherten bei der Vergabe von Arztterminen anprangert. Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach kritisierte die Terminverteilung als ungerecht.
SPD plant Termingarantie nach der Bundestagswahl
Die SPD hat angekündigt, nach der Bundestagswahl eine „Termingarantie der Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen“ einzuführen. Ziel ist es, Unterschiede bei Wartezeiten und Behandlungsmöglichkeiten für privat und gesetzlich Versicherte abzuschaffen. Bei Nichteinhaltung dieser Garantie sollen Versicherte Anspruch auf Beitragsreduzierungen haben.
Auf die Frage, ob er dieses Vorhaben für sinnvoll halte, äußerte Gassen: „Das ist populistischer Blödsinn. Um dies umzusetzen, müssten zunächst klare medizinisch begründete Dringlichkeiten definiert werden, und die Praxen müssten über ausreichende Kapazitäten verfügen.“ Zudem hätte die SPD in der vergangenen Legislaturperiode die Gelegenheit gehabt, Praxen von Bürokratie zu befreien, was jedoch nicht geschehen sei. „Jetzt mit einer Termingarantie, die niemals realisierbar wäre, vom eigenen Regierungsversagen ablenken zu wollen, ist nicht nur durchschaubar, sondern auch bedauerlich“, resümierte der KBV-Chef.