Aktenordner statt digitaler Verwaltung, neue Vorschriften statt weniger Bürokratie. Wenn die neue Bundesregierung nicht schnell handelt, droht ein Kollaps der öffentlichen Verwaltung, warnt der Nationale Normenkontrollrat.
Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einer tiefen Krise, viele Infrastrukturen sind marode, und die Bildung wird vernachlässigt. Wenn die Bürokratie nicht zügig abgebaut wird, könnte der Kollaps der öffentlichen Verwaltung im mittelfristigen Zeitraum Realität werden. Diese alarmierende Warnung kommt vom Nationalen Normenkontrollrat (NKR), einem unabhängigen Beratergremium.
“Die Verwaltung ächzt”, erklärte der NKR-Vorsitzende. In den Behörden treten immer mehr Mitarbeiter in den Ruhestand, als neue eingestellt werden, was die Umsetzung komplexer Gesetze zunehmend erschwert.
Die nächste Bundesregierung muss grundlegende Änderungen vornehmen, den Vollzug ihrer Reformen bei der Gesetzgebung im Blick behalten und Prozesse neu gestalten. So können weitreichendere Ergebnisse erzielt werden als durch zahlreiche Einzelmaßnahmen.
Veto-Recht für neue Gesetze gefordert
Der Normenkontrollrat fordert daher von der zukünftigen Bundesregierung ein Veto-Recht gegen ineffiziente bürokratische Gesetze. “Wir überprüfen die Kosten neuer Gesetze und prüfen, ob es besser umsetzbare Alternativen gibt. Dennoch können wir nicht verhindern, dass inakzeptable Gesetze verabschiedet werden”, so der NKR-Vorsitzende.
“Deshalb wäre es wichtig, dem NKR ein aufschiebendes Vetorecht für Gesetze zu gewähren, deren Nutzen nicht im Verhältnis zu den Aufwänden steht oder die nicht vernünftig umgesetzt werden können.”
“Weniger Misstrauen gegenüber dem Bürger”
Vor den nächsten Koalitionsverhandlungen plant der NKR, der kommenden Regierung eine Reihe von Empfehlungen zu unterbreiten. Es ist an der Zeit, den kräftezehrenden Drang nach absoluter “Einzelfallgerechtigkeit” aufzugeben und stattdessen Vereinheitlichungen in der Gesetzgebung zu priorisieren.
Ein grundlegender “Kulturwandel” ist nötig, denn die aktuelle Verwaltung ist nicht mehr in der Lage, die Komplexität weiterhin zu bewältigen. Pauschale Regelungen und Stichproben sind weitaus effektiver als übermäßige Komplexität und vollständige Kontrolle. “Wir müssen lernen, dem Bürger und der Wirtschaft mehr Vertrauen entgegenzubringen.”
Gemischte Bilanz der Ampel
In Bezug auf die Regierungszeit der Ampel zieht der NKR-Vorsitzende eine gemischte Bilanz. Zu Beginn der Amtszeit sei der bürokratische Aufwand deutlich gestiegen. Insbesondere das als Heizungsgesetz bekannte Gebäudeenergiegesetz galt als äußerst bürokratisch.
Auch europäische Vorgaben, wie das Lieferkettengesetz, erhielten kritische Bewertungen. Positiv erwähnenswert bleibt jedoch das vierte Bürokratieentlastungsgesetz, das Anfang Januar in Kraft treten wird. “Das reicht jedoch nicht aus,” fasst der NKR-Vorsitzende zusammen.