Analyse
Das neueste Video des Islamischen Staates zeigt angeblich den Attentäter von Solingen. Was bedeutet dies für die Ermittlungen und den IS?
Issa al H. war bis zur Tat unbekannt für die deutschen Sicherheitsbehörden. Der IS reklamiert den Anschlag in Solingen für sich und nennt den 26-jährigen Syrer einen Soldaten ihrer Organisation in einer jüngsten Bekennerbotschaft.
Die Authentizität dieser Botschaft wird als sicher angesehen; der IS hat in der Vergangenheit ähnliche Wege genutzt, um Anschläge für sich zu beanspruchen. Allerdings blieb diese erste Meldung weitgehend unbelegt, da der Name des Attentäters fehlte und spezifisches Täterwissen nicht präsentiert wurde.
Solche Videos, in denen Attentäter oft vorab ihre Taten mit einem Smartphone ankündigen und dem IS Loyalität schwören, wurden zuvor des Öfteren vom IS verbreitet, wie im Fall von Anis Amri, der den Anschlag am Breitscheidplatz verübte.
IS veröffentlicht Video
Gestern Abend veröffentlichte der IS ein Bild eines komplett vermummten Mannes, der möglicherweise Issa al H. sein könnte. Zusammen mit dem Bild wurden auch Videoaufnahmen verbreitet, in denen der vermummte Mann mit einer Machete zu sehen ist.
In dem Video kündigt die Person Racheakte an und schwört dem IS die Treue. Ob es sich tatsächlich um Issa al H. handelt, bleibt ungewiss. Ein Fake-Video würde jedoch die Glaubwürdigkeit des IS gefährden.
Die Bundesanwaltschaft äußerte bereits Überzeugung, dass Issa al H. die Ideologie des IS teilt und sich vor dem 23. August der Gruppe angeschlossen hat, was möglicherweise auf ausländische Nachrichtendienstinformationen hinweist.
Anzeichen für Radikalisierung?
Vor dem Anschlag war Issa al H. nicht als islamistischer Extremist bekannt und hatte keine Vorstrafen. Fragen zu seiner möglichen Radikalisierung und ob Anzeichen dafür erkennbar waren, werden nun intensiv geprüft.
Derzeit gibt es kaum Informationen. Ein Zeuge berichtete von einem Gespräch über einen geplanten Messerangriff, informierte die Polizei jedoch nicht. Ermittler suchen nun nach Hinweisen zur möglichen Radikalisierung des Täters.
Wie war der Täter mit dem IS in Kontakt?
Die Auswertung von Kommunikationsmitteln wie Smartphones könnte wichtige Erkenntnisse über ISSA al H.’s Kontakte zum IS liefern. Bislang ist die Herkunft seiner möglichen Verbindungen unklar, sein Kontakt zu einem sogenannten Operator bleibt spekulativ.
Auch Anis Amri stand in Kontakt mit einem Operator, der ihn in seiner Anschlagsplanung unterstützte. Trotz der militärischen Niederlage des IS sind solche Verbindungen weiterhin relevant. Der konkrete Kontakt von Issa al H. bleibt jedoch gegenwärtig unaufgeklärt.
Bezug zur Situation in Gaza
In der ersten Bekennerbotschaft des IS wurde die Situation in Gaza angesprochen, um Anhänger zu mobilisieren. Der IS nutzt das Leid der Menschen in Gaza als Aufruf zu Anschlägen in der westlichen Welt.
Der IS hat gezielt zu Angriffen auf symbolträchtige Ereignisse wie die Fußball-Europameisterschaft und die Olympischen Spiele aufgerufen. Der Anschlag in Solingen entspricht der Strategie des IS, Angst und Schrecken zu verbreiten, um die Öffentlichkeit in ständige Unsicherheit zu versetzen.