Das Kabinett hat einen neuen Gesetzentwurf verabschiedet, der Unternehmen zur Erstellung jährlicher Nachhaltigkeitsberichte verpflichtet. Diese Maßnahme zielt darauf ab, eine neue EU-Richtlinie in deutsches Recht zu implementieren.
Bundesjustizminister Marco Buschmann äußerte sich vergangene Woche kritisch zu dem Gesetz. “Es ist kein Geheimnis, dass ich darüber nicht glücklich bin,” so der FDP-Politiker.
Buschmann reagierte auf den Gesetzentwurf des Kabinetts, der dazu führt, dass deutlich mehr Unternehmen als zuvor zur Erstellung umfassender Nachhaltigkeitsberichte verpflichtet werden. Dies soll Investoren und Banken ermöglichen, nachhaltigere Entscheidungen zu treffen.
Kritik aus der Wirtschaft
Die Wirtschaft zeigt sich besorgt über diesen Schritt. Marie-Christine Ostermann, Präsidentin des Verbands der Familienunternehmer, bezeichnet den Entwurf als “Bürokratiemonster”. “Der Aufwand ist einfach viel zu hoch,” kritisiert Ostermann weiter. “Es ist unverhältnismäßig, wie wir nachweisen müssen, dass wir nachhaltig arbeiten.”
Auch die Industrie- und Handelskammer fordert eine Überarbeitung der EU-Richtlinie. Achim Dercks, stellvertretender Hauptgeschäftsführer, warnt vor massiven Belastungen für die betroffenen Unternehmen.
Erhebliche Kosten für Unternehmen
Laut Regierungsangaben werden bis 2028 schrittweise rund 14.600 Unternehmen in Deutschland von der neuen Berichtspflicht betroffen sein. Dies ist eine signifikante Steigerung im Vergleich zu den 5.200 Unternehmen, die derzeit durch das Lieferkettengesetz betroffen sind.
Die geschätzten Kosten für die Unternehmen belaufen sich auf circa 1,58 Milliarden Euro jährlich ab 2028, was im Durchschnitt etwa 100.000 Euro pro Unternehmen und Jahr entspricht.
Aufwändige Berichte gefordert
Die Berichterstellung erfordert umfassende Anstrengungen. Unternehmen müssen Daten zu Umwelt, sozialen Aspekten und Unternehmenspraktiken sammeln. Experten erklären, dass es hierbei um Climate-Action und CO2-Bilanzen gehe.
Zudem müssen soziale Aspekte berücksichtigt werden, wie etwa die Gleichbehandlung aller Geschlechter in Trainingsprogrammen. Fragen zum Umgang mit Lieferanten sind ebenfalls relevant.
Umweltverbände begrüßen die Berichtspflicht
Die neuen Anforderungen sehen die Abfrage von bis zu 1.200 Datenpunkten vor, wobei eine doppelte Wesentlichkeitsanalyse durchgeführt werden soll, um relevante Informationen zu filtern. Der Prozess könnte für Unternehmen mehrere Monate in Anspruch nehmen, und die Berichte benötigen abschließend die Bestätigung durch Wirtschaftsprüfer, was die Kosten erheblich steigert.
Verschiedene Umweltverbände begrüßen die Berichtspflicht grundsätzlich und betonen, dass diese Maßnahme die Nachhaltigkeit in Unternehmen fördere. Sie sehen hierin eine Chance, konkrete Klimaziele effektiver zu verfolgen.
Die Einführung der Nachhaltigkeitsberichterstattung führt zu einer Diskussion über das Spannungsfeld zwischen Gewinn an Transparenz und den hohen Kosten sowie dem Aufwand für die Unternehmen. Minister Buschmann erkennt die “drastische Mehrbelastung für Unternehmen” an.
Doppel-Bürokratie soll vermieden werden
Die Bundesregierung hat sich dem Ziel verschrieben, Bürokratie abzubauen, um das Berichtswesen zu vereinfachen. Dennoch hegen Wirtschaftsvertreter Bedenken, ob dies tatsächlich erreicht werden kann, da die neuen Anforderungen weitere Belastungen mit sichbringen.
Buschmann versichert, dass die Richtlinie “so minimalinvasiv und bürokratiearm wie möglich” umgesetzt wird. “Der Abbau von Bürokratie bleibt eine wichtige Herausforderung,” so der Politiker. Die Bundesregierung plant zudem, eine doppelte Bürokratie zu vermeiden, indem Unternehmen, die einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen, auf zusätzliche Berichte zu Lieferketten verzichten dürfen.