Die Situation an der Front im Osten der Ukraine verschlechtert sich weiterhin, während russische Truppen die ukrainischen Verteidiger in der Bergbaustadt Torezk zurückdrängen. Ein möglicher Fall der Stadt würde ein wichtiges Verteidigungsbollwerk verlieren lassen.
Die aggressive Strategie der russischen Streitkräfte im Donbass setzt die ukrainischen Kräfte an mehreren Frontlinien unter erheblichen Druck. Abgesehen von den bekannten Vorstößen bei Pokrowsk zeichnet sich ein neuer Konfliktherd ab, der die Verteidigungslinien der Ukrainer weiter gefährden könnte.
In der Schlacht um Torezk sind die ukrainischen Streitkräfte seit mehreren Tagen in Schwierigkeiten. Russische Angriffstrupps haben sich in brutal geführten Kämpfen durch die Stadt gearbeitet, die einst 30.000 Einwohner hatte. Große Teile des Stadtzentrums sind in Trümmern.
Aktuelle Drohnenaufnahmen zeigen, dass nicht nur um die soliden Plattenbauten im Stadtzentrum gekämpft wird, die einen vergleichbaren Schutz bieten. An verschiedenen Stellen sind die ukrainischen Truppen gezwungen, in schlechter befestigte Wohngebiete in Richtung Stadtrand zurückzuweichen oder strategisch wichtige Industrieanlagen aufzugeben. Seit vergangenem Sommer finden in verschiedenen Stadtteilen Kämpfe statt und im Winter müssen die ukrainischen Soldaten um ihre Positionen fürchten.
Der russische Vorstoß könnte das Gleichgewicht der Kräfte zu Ungunsten der Verteidiger verschieben. Mit der Verlagerung der Kämpfe in die Außenbezirke sinkt der verfügbare Schutz für die ukrainischen Soldaten. Die Bauweise der einzelnen Häuser reicht nicht aus, um dem intensiven Beschuss russischer Artillerie standzuhalten.
Die Aussichten erscheinen düster: Beobachter schätzen, dass bereits mehr als die Hälfte der Stadtfläche unter russischer Kontrolle steht. Entlang mehrerer Angriffsachse dringen russische Truppen weiter nach Norden und Nordwesten vor. Intensive Kämpfe werden zudem aus dem benachbarten Schtscherbyniwka westlich von Torezk gemeldet.
Die Einnahme von Torezk würde für Moskau zwar einen Etappensieg bedeuten, der Ort selbst ist jedoch nach Monaten heftiger Kämpfe zu einer Ansammlung von Ruinen geworden. Eine Niederlage der ukrainischen Verteidigung würde eine empfindliche Lücke in den Verteidigungslinien reißen. Torezk ist seit Jahren strategisch nah an der Front und zählt zu den wichtigen Verteidigungsstellungen der Ukraine im Osten.
Sollten die Russen Torezk vollständig einnehmen, würde dies auch die Verteidigung von Tschassiw Jar, etwa 20 Kilometer nördlich, gefährden und die Wahrung der Verteidigung rund 50 Kilometer westlich in Pokrowsk komplizieren.
Der ukrainische Generalstab gibt jedoch zu verstehen, dass die Schlacht um Torezk noch nicht verloren ist. Die massiven Abraumhalden aus dem Bergbau, die das Stadtgebiet überragen, bleiben in ukrainischem Besitz. Dank der umfangreichen Erfahrung im Häuserkampf sind die ukrainischen Streitkräfte in dieser umkämpften Stadt gut aufgestellt. Die Verteidigung an den Flanken der Stadt hält bisher stand.
In den täglichen Lageberichten aus Kiew werden die Kämpfe in und um Torezk zunehmend weniger hervorgehoben. Zuletzt hieß es, dass die russische Armee sechs Angriffe in der Nähe von Torezk unternahm, wobei die meisten Angriffe gegen Torezk gerichtet waren.
Die Dauer des Widerstands der ukrainischen Kräfte vor Ort bleibt unklar, während die ukrainische Militärführung die Hauptanstrengungen des Feindes weiterhin im Raum Pokrowsk sieht.