In Sachsen und Thüringen erörtern die CDU und BSW mögliche Kooperationsansätze. Unterdessen schärfen die Unionsvorsitzenden Merz und Söder ihren Ton gegenüber Sahra Wagenknecht. Wie realistisch ist eine Koalition noch?
Trägt Sahra Wagenknecht nun Prada oder Chanel? Diese Frage bleibt bis zum Ende des CSU-Parteitags in Augsburg offen. Markus Söder äußerte, dass er sich damit nicht so gut auskenne und schaute hoffnungsvoll ins Publikum, als ob er auf eine weibliche Delegierte warten würde, die eine Entscheidung trifft.
Entweder CDU-Chef Friedrich Merz, der den Parteitag mit den Worten “Wagenknecht, das ist Sozialismus in Chanel” auflockerte. Oder Söder, der einen Tag zuvor ebenfalls über die BSW-Vorsitzende und ihre angeblich hochpreisige Garderobe lästerte, jedoch Prada erwähnte.
Trotz unterschiedlicher Ansichten über das äußere Erscheinungsbild von Wagenknecht teilen Merz und Söder eine klare Haltung: Sahra Wagenknecht wird als Kommunistin betrachtet. Möglichkeiten einer Koalition mit ihrer Partei erscheinen schwierig. Die beiden Parteichefs drücken sich deutlich aus. Hätte der CSU-Parteitag im Sommer stattgefunden, könnten die Reden anders ausgefallen sein. Die Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg sind vorüber, jedoch steht die politische Debatte dort noch am Anfang.
Friedenspolitik in Koalitionsverträgen?
In Sachsen und Thüringen verhandelt die CDU mit dem BSW über mögliche Zusammenarbeiten, da kaum Alternativen bestehen. Doch Wagenknecht erschwert diese Gespräche, da sie ein Nein zur Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in die Koalitionsverträge aufnehmen möchte.
Insbesondere die außenpolitischen Standpunkte des BSW sind für viele in der Union schwer akzeptabel. Ein gemeinsamer Artikel von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer und Thüringens CDU-Chef Mario Voigt, zusammen mit dem SPD-Ministerpräsidenten Dietmar Woidke, sorgte für Unmut, da sie Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland befürworteten.
Unmut über Zeitungsartikel
Der Artikel wirkte in Teilen stark wie Positionen des BSW. Die öffentliche Lobeshymne von Wagenknecht sorgte für zusätzliches Unmut in der Union. Viele stellten sich die Frage, welchen Zweck dieser Artikel verfolgte. War es ein Kompromissangebot, um unangenehme Passagen im Koalitionsvertrag zu vermeiden?
In der CDU-Zentrale ist die Stimmung über den Vorstoß von Kretschmer und Voigt hinsichtlich der Zusammenarbeit mit der SPD und dem BSW angespannt, insbesondere da CDU-Vize Kretschmer durch seine früheren Äußerungen in der Kritik steht.
Merz‘ Geduld mit Kretschmer scheint am Ende, seinen Unmut über den Vorstoß in einer Sitzung der Bundestagsfraktion ausgedrückt zu haben. Unklar bleiben jedoch die genauen Konsequenzen daraus. Diskussionen innerhalb der Landesgruppen, insbesondere in den Westverbänden, bestätigen die Spannungen.
Wachsender Unmut in der Bundes-CDU
In der Fraktion wird vermutet, dass Merz Ralph Brinkhaus zuvorkommen wollte, der sich zuvor kritisch gegenüber einer möglichen Koalition mit dem BSW geäußert hatte. Der allgemeine Tenor: Die CDU ist mehr als nur Sachsen und Thüringen.
Bereits Anfang September bildete sich eine Initiative innerhalb der CDU mit dem Ziel, eine Unvereinbarkeit mit dem BSW zu fordern, angeführt von prominenten Mitgliedern wie Roderich Kiesewetter. Diese Forderung fand bis dato wenig Gehör bei der Parteispitze.
Die Fragen häufen sich, wie man den Wählern erklären soll, dass eine Koalition mit der Linken ausgeschlossen wird, aber eine Zusammenarbeit mit dem BSW möglich ist.
Schwindende Beinfreiheit
Das Unbehagen innerhalb der CDU wird im Konrad-Adenauer-Haus wahrgenommen. Merz äußert immer wieder, dass er eine Koalition mit dem BSW in Thüringen und Sachsen für sehr unwahrscheinlich hält. Noch im Sommer versprach er den Länderchefs, eine gewisse Beinfreiheit zu respektieren. Ob sie allerdings bereit sind, auf eine Kooperation mit dem BSW zu verzichten, bleibt fraglich.
In Thüringen könnte koalitionstechnisch nur eine Pattregierung aus CDU, SPD und BSW etabliert werden. In Sachsen und Thüringen würde ohne den BSW eine Minderheitsregierung die Alternative darstellen. Die Handlungsmöglichkeiten in diesen Ländern, in denen die AfD bereits über 30 Prozent erreicht hat, wären somit erheblich eingeschränkt.
Unglückliche Erinnerungen an Kramp-Karrenbauer
Welche Maßnahmen kann die CDU-Spitze ergreifen, um eine Zusammenarbeit mit dem BSW zu verhindern? Das Schicksal von Ex-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer ist schmerzlich präsent. Früher hatte sich die CDU mit Unterstützung der AfD in Thüringen selbst in eine kritische Lage gebracht, was zu ihrem Rücktritt führte.
Friedrich Merz hat zweifellos mehr Durchsetzungsvermögen als Kramp-Karrenbauer, doch ein öffentlicher Bruch mit den Ost-Verbänden dürfte nicht in seinem Interesse sein, insbesondere mit Blick auf den bevorstehenden Bundestagswahlkampf.