Hintergrund
Die Ampel-Koalition hat sich zum Ziel gesetzt, Deutschland voranzubringen, doch dauerhafte Streitigkeiten stellen eine Herausforderung dar. Welche Auswirkungen hat dies auf die Umsetzung wesentlicher Vorhaben und welche Pläne verfolgt die Regierung?
“Uns eint der Wille, das Land besser zu machen”, betonte Kanzler Olaf Scholz (SPD) in den frühen Tagen der Ampel-Koalition. Die anfängliche Euphorie hat jedoch nachgelassen, und viele der 178 Ziele im Koalitionsvertrag könnten unerreicht bleiben.
Mit nur 13 Monaten verbleibend bis zur nächsten Bundestagswahl hat die Ampel-Koalition noch eine Reihe an Vorhaben auf der Agenda. Im Herbst soll beispielsweise ein Rentenpaket im Bundestag verabschiedet werden, um das Rentenniveau zu sichern und eine Stabilität bei 48 Prozent bis 2039 zu garantieren.
Ein bedeutendes Vorhaben ist die Einführung eines Generationenkapitals, wobei der Staat über eine Stiftung in Aktien investiert, mit dem Ziel, zukünftige Rentenbeiträge zu mildern. Derzeit liegen die Beiträge bei 18,6 Prozent, mit Befürchtungen, dass sie auf über 22 Prozent ansteigen könnten. Dies hat bei vielen FDP-Abgeordneten Unruhe erzeugt, da sie das Rentenpaket als potenziell ungerecht für zukünftige Generationen betrachten und weiteren Diskussionsbedarf sehen.
Geplante Großprojekte
Auch in der Altersvorsorge sind Reformen angedacht, insbesondere im Bereich des Riester-Sparens. Finanzminister Christian Lindner (FDP) plant die Förderung privater ETF-Aktivienanlagen durch ein “Altersvorsorgedepot”. Die SPD und die Grünen möchten insbesondere Betriebsrenten stärken.
Ein weiteres wichtiges Projekt betrifft die Reform des Gesundheitssystems. Die Ampel plant, die umstrittenen Fallpauschalen in Kliniken zu überarbeiten, um die medizinische Qualität zu verbessern. Im September wird eine Anhörung im Bundestag zu diesem Thema stattfinden.
Auch in der Pflegeversicherung sind Reformen vorgesehen, um Angehörige zu entlasten und den Anstieg der Beiträge zu begrenzen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wird im Herbst Vorschläge präsentieren, wobei Kanzler Scholz optimistisch bleibt: “Man darf die Hoffnung nicht aufgeben.”
Haushalt und Wirtschaftsreformen: Prinzip Hoffnung
Die geplanten Wirtschaftsreformen basieren laut Kritikern auf der Hoffnung auf zahlreiche Mehreinnahmen, die durch eine kommende “Wachstumsinitiative” erzielt werden sollen. Sollte dies nicht gelingen, droht im kommenden Jahr eine erhebliche Budgetlücke.
Zu den geplanten Maßnahmen gehören verbesserte Abschreibungsbedingungen und eine Reduzierung der Bürokratie. Diese Maßnahmen wurden vor kurzem von der Ampel-Koalition beschlossen.
Die Wirtschaft beobachtet die Entwicklungen mit Spannung, befürchtet jedoch bereits den nächsten internen Konflikt: “Wir sehen den guten Willen in der Bundesregierung, dennoch gibt es interne Streitigkeiten, die die Gesamtwirtschaft gefährden”, so ein Vertreter des Bundesverbands mittelständischer Unternehmen.
Erreichte Ziele
Trotz der Herausforderungen hat die Ampel-Koalition Fortschritte bei der Umsetzung ihrer Ziele erzielt, selbst unter den schwierigen Bedingungen des Ukraine-Konflikts. Erfolge sind unter anderem die Einführung des Bürgergeldes und das Deutschlandticket.
Laut einer aktuellen Studie wurde der Ampel-Koalition bescheinigt, viele ihrer Ziele rechtzeitig erreicht zu haben, obgleich öffentliche Streitigkeiten immer wieder die Schlagzeilen dominieren.
Politikwissenschaftler betonen, dass die gesellschaftspolitischen Themen das zentrale verbindende Element der Koalition sind, während Differenzen in Wirtschafts- und Finanzfragen bestehen bleiben. Die Fliehkräfte innerhalb der Koalition könnten sich in der kommenden Zeit verstärken, insbesondere angesichts der bevorstehenden Wahlen.
Ein Beispiel für die bestehenden Differenzen ist die Mietpreisbremse. Während der Justizminister einen beschlussreifen Entwurf präsentiert hat, fordern SPD und Grüne Nachbesserungen in der Regulierung.
“Es besteht dringender Handlungsbedarf”, so die Forderung der Fraktionsvorsitzenden der Grünen, während der SPD-Fraktionsvize Besorgnis über die Entwicklung äußert.
Warten auf Entscheidung: Ungelöste Themen
Ampelpolitiker erkennen, dass das Verknüpfen von Themen und Gesetzen eine zunehmend problematische Praxis geworden ist. In den kommenden Monaten könnten viele Themen erneut diskutiert werden.
Themen wie die Bekämpfung von Finanzkriminalität und Vermögensverschleierung stehen noch an, ebenso das Demokratiefördergesetz und Überarbeitungen bestehender Gesetze. Dazu kommen laufende Diskussionen um die Kindergrundsicherung, die vorerst verschoben wurde.
Die Herausforderungen für die Ampel-Koalition sind also enorm, insbesondere mit Blick auf die bevorstehenden Haushaltsdebatten, bei denen signifikante Budgetlücken von 12 Milliarden Euro zu schließen sind.