Analyse
In den bevorstehenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg stehen die Grünen vor potenziellen Herausforderungen, obwohl die Partei dennoch einen Optimismus hegt.
Nur spärlich erleuchtet von grünen Scheinwerfern, findet eine Podiumsdiskussion im Jenaer Volksbad statt, eine der zentralen Veranstaltungen der Thüringer Grünen. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir wird erwartet, während im Hintergrund fröhliche Blasmusik aus den Lautsprechern erklingt.
Dieses Treffen symbolisiert das aktuelle Selbstverständnis der Grünen im Osten: klein, aber präsent. Die Partei zeigt ein verändertes Auftreten, verkündet mehr Selbstbewusstsein und das Streben nach Angriffen, um sich stärker von der Koalition abzugrenzen, die als „Übergangsregierung“ bezeichnet wird.
Im Gespräch thematisiert Özdemir die Notwendigkeit für Unternehmen, Verlässlichkeit zu erfahren, und kritisiert die Schwankungen in der Politik. Besonderes Augenmerk legt er auf die Schwierigkeiten mit einem Koalitionspartner in Berlin, der eine andere Sichtweise auf den Klimaschutz hat und diesen bremst.
Selbstkritik beim Thema Ukraine
Kassem Taher Saleh, ein grüner Bundestagsabgeordneter aus Sachsen, berichtet, dass bundespolitische Themen im Wahlkampf überwiegen. Migration und Friedenspolitik stehen ganz oben auf der Agenda, während landesspezifische Belange oft nur am Rande angesprochen werden.
Saleh gibt zu, dass in Bezug auf den Ukraine-Krieg Kommunikationsfehler gemacht wurden. Statt über Friedensperspektiven zu sprechen, lag der Fokus auf militärischen Aspekten, was der Opposition in die Hände spielte.
Er hebt hervor, dass es wichtig sei, den grünen Kurs als Beitrag zur Sicherheit in Deutschland zu positionieren, merkt jedoch an, dass die Verbindungen der ehemaligen DDR zu Russland erschweren, diese Perspektive zu vermitteln.
Dämpfer für alle Ampelpartner
Die bevorstehenden Ostwahlen haben das Potenzial, alle drei Ampelpartner stark zu belasten. Besonders herausfordernd ist die Situation für die Grünen, die im Osten traditionell schwächer vertreten sind.
In Thüringen liegt die Umfrage der Grünen bei lediglich drei Prozent, was eine erneute Regierungsbeteiligung unwahrscheinlich macht. Viele potenzielle Wähler könnten sich entscheiden, ihre Stimme einer anderen Partei zu geben, um sicherzustellen, dass diese nicht die Fünf-Prozent-Hürde überschreiten.
Innerhalb der Grünen zeichnet sich eine gewisse Resignation in Bezug auf Thüringen ab. Historisch betrachtet war der Landesverband oft nicht im Parlament vertreten, und die derzeitige Führung gilt als angeschlagen und teilweise zerstritten.
Hoffnung in Sachsen
Im Gegensatz dazu sind die Grünen in Sachsen optimistisch, wieder in den Landtag einzuziehen. Der urbanere Charakter des Bundeslandes bietet eine starke Wählerbasis für die Partei. Saleh ist zuversichtlich, dass die Partei über sieben Prozent erreichen kann, obwohl sie in Umfragen derzeit bei sechs Prozent liegt.
Die sächsischen Wahlgesetze unterstützen die Grünen, da bereits zwei Direktmandate ausreichen, um ins Parlament einzuziehen. Saleh betont die aussichtsreichen Wahlkreise in Leipzig und Dresden, wo die Grünen 2019 bereits Direktmandate gewinnen konnten.
Trotz einer stärker ausgeprägten Anti-Grünen-Stimmung im Wahlkampf hat die Partei in den Kommunalwahlen kürzlich Erfolge verbuchen können, was Saleh ermutigt.
Er stellt fest, dass der Hass seit den Europa- und Kommunalwahlen zurückgegangen ist, was auch auf eine erhöhte Polizeipräsenz zurückzuführen sein könnte, die für mehr Sicherheit bei Wahlkampfveranstaltungen sorgt.
Können die Grünen in Sachsen weiterregieren?
Die sächsischen Grünen streben eine Wiederauflage des Kenia-Bündnisses aus Union, SPD und Grünen an, was die einzige realistische Möglichkeit für eine Regierungskoalition darstellt. Die Parteiführung hat sich klar gegen eine Zusammenarbeit mit einer anderen Gruppierung ausgesprochen, die sie kritisieren.
Ministerpräsident Kretschmer hat sich jedoch nicht klar gegen diese Option ausgesprochen, während er weiterhin die Grünen kritisiert.
Saleh sieht in den bisherigen Angriffen auf die Grünen kein Hindernis für mögliche Koalitionen in der Zukunft. Dennoch will die Partei vermeiden, auch in Sachsen die Regierungsbeteiligung zu verlieren, insbesondere nach den Abgängen in Berlin und Hessen.
Auch in Brandenburg gibt es starke Anti-Grünen-Signale, sodass die anstehenden Wahlen für die Grünen von entscheidender Bedeutung sein werden.