Analyse
Die CDU zeigt Stärke: Nach kontroversen Abstimmungen mit der AfD im Bundestag hat die Partei auf ihrem Parteitag Einigkeit demonstriert. Kanzlerkandidat Merz betont, dass er sich nicht von den Rechtspopulisten abhängig machen wird.
Am Vormittag wurden in Berlin umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen ergriffen: Journalisten, die zum CDU-Parteitag wollten, mussten mehrere Personenkontrollen passieren. Seitdem die Union am vergangenen Mittwoch ihren Antrag zum umstrittenen 5-Punkte-Plan zur Migration mit Unterstützung von AfD-Stimmen durch den Bundestag gebracht hat, ist die politische Stimmung im Land angespannt.
Die Proteste hinterließen auch bei den Delegierten Eindruck. Einige äußerten “gemischte Gefühle”, die in der Basis angekommen sind. Ein Delegierter aus Sachsen-Anhalt beschrieb die letzten Tage als “intensiv”, gekennzeichnet von zahlreichen Diskussionen. Inhaltlich hatte ein Großteil der Delegierten zwar keine Einwände gegen den Migrationskurs, sieht jedoch kritisch auf den Zeitpunkt der Abstimmungen mit der AfD im Bundestag.
Prien fordert mehr Kompromissbereitschaft
Obwohl es häufig hinter verschlossenen Türen geäußert wird, sind auch in der Parteiführung Stimmen zu hören, die mehr Kompromisse fordern. Der liberale Parteiflügel um Parteivize Karin Prien unterstützt CDU-Chef Friedrich Merz, gestand jedoch auch persönliche Bedenken ein. “Wir müssen eindeutig zeigen, wo wir stehen”, so Prien aus Schleswig-Holstein.
Prien sieht die Tragik der vergangenen Woche darin, dass die demokratischen Parteien keine gemeinsame Lösung fanden. “Das muss sich ändern”, forderte die stellvertretende Parteivorsitzende und spielte damit an, dass die Union nach der Bundestagswahl kompromissbereiter auftreten muss.
CSU-Chef Söder kritisiert Habeck
Im verbleibenden Wahlkampf respektiert die Union wenig die Gefühle potenzieller Koalitionspartner. CSU-Chef Markus Söder kritisierte Wirtschaftsminister Robert Habeck und betonte, mit den Grünen sei keine Veränderung möglich. Er forderte den Rücktritt von Bundeskanzler Olaf Scholz, der seiner Meinung nach nicht in der Lage sei, das Land zu führen. Söder stellte sich hinter Merz.
In seiner Rede wies Söder auf den historischen Widerstand der SPD gegen den Faschismus hin, denn Weimar sei ein “schleichender Prozess” gewesen, der die Demokraten geschwächt habe.
Merz: Keine Zusammenarbeit mit der AfD
In Anbetracht der jüngsten Angriffe während der Bundestagswoche wurde betont, dass der Wahlkampf nicht persönlicher und verletzender werden dürfe. Merz muss nach dem 23. Februar möglicherweise auch einen Koalitionspartner finden, plant jedoch, das eigene Profil zu schärfen.
Parteichef Merz erhielt von den Delegierten stehenden Applaus für seine klare Ablehnung der AfD. Es werde “keine Duldung”, “keine Zusammenarbeit” und keine Minderheitsregierung mit dieser Partei geben. Aktivisten, die Plakate mit “Brandmauer” hielten, wurden rasch aus der Halle entfernt.
Merz verfolgt hessische Strategie
Merz appellierte an die Parteimitglieder, sich hinter ihn zu versammeln und an Kurs zu halten, trotz möglicher Bedenken. Dies ist entscheidend, denn Merz hatte einen polarisierten Migrationswahlkampf eröffnet. Sein Vorbild für diese Strategie ist Roland Koch.
Roland Koch initiierte 1999 im hessischen Wahlkampf eine Unterschriftenaktion gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, die die Gesellschaft polarisierte. Er gewann die Landtagswahl. Merz strebt ein ähnliches Ergebnis für die Bundestagswahl an.