// Stand: 17.10.2024 17:07 Uhr
Ein Zusammenschluss aus 26 Verbänden plant, die Abtreibungsregelungen in Deutschland zu reformieren. Das Ziel: Ein Schwangerschaftsabbruch soll bis zur 22. Schwangerschaftswoche legal sein. Erste Kritik an diesem Vorhaben lässt nicht lange auf sich warten.
Der Zusammenschluss aus 26 Verbänden und Organisationen hat einen Gesetzentwurf präsentiert, der die aktuellen Abtreibungsgesetze in Deutschland überarbeiten möchte. Der zentrale Punkt dieses Reformvorschlags ist die Streichung des Paragrafen 218 im Strafgesetzbuch sowie die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen bis zur 22. Woche der Schwangerschaft.
Nach der gegenwärtigen Rechtslage sind Abtreibungen in Deutschland nach Paragraf 218 grundsätzlich illegal. Eine Straffreiheit wird jedoch gewährt, wenn der Eingriff innerhalb der ersten 12 Wochen schwangerheitsabbruch durchgeführt und die betroffenen Frauen zuvor eine Beratung in Anspruch genommen haben.
Zwischen dieser Beratung und dem Abbruch muss eine Wartezeit von mindestens drei Tagen eingehalten werden. Ausnahmen gelten für medizinische Notfälle oder im Falle einer Vergewaltigung.
Pflichtberatung soll durch Reform gestrichen werden
Laut dem Vorschlag des Bündnisses soll Abtreibung nicht länger strafrechtlich verfolgt werden, sondern als “rechtmäßige medizinische Leistung” betrachtet werden. Ärztinnen und Ärzte sollten jedoch weiterhin die Möglichkeit haben, sich gegen einen Abbruch zu entscheiden. Schwangerschaftsabbrüche, die gegen den Willen der betroffenen Frauen erfolgen, sollen ebenfalls weiterhin strafbar bleiben.
Die vorgeschlagene Reform beinhaltet die Abschaffung der Beratungspflicht, stattdessen soll den Frauen ein Rechtsanspruch auf Informationen zustehen. Zudem fordern die Initiatoren, dass die Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch von den Krankenkassen übernommen werden, was bisher nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist.
Bündnis hofft auf “maßgeblichen Impuls an Gesetzgeber”
Zu den unterstützenden Verbänden gehören unter anderem der Deutsche Frauenrat, Pro Familia und Terre des Femmes. An dem Gesetzentwurf haben auch drei Expertinnen mitgewirkt, die zuvor der von der Bundesregierung eingesetzten Kommission angehörten, die Empfehlungen für eine Liberalisierung des Abtreibungsrechts erarbeitet hat.
Liane Wörner, eine der Expertinnen, sieht in den Vorschlägen einen “maßgeblichen Impuls für die Gesetzgebung”. Sie betont, dass die Zivilgesellschaft der Politik ein ausgewogenes Konzept anbietet, das sowohl den Schutz der Frauen als auch der Föten berücksichtigt.
Damit der Gesetzentwurf umgesetzt werden kann, müssen entweder die Bundesregierung oder Abgeordnete des Bundestags die Initiative für eine Gesetzesänderung ergreifen. Eine Petition mit rund 50.000 Unterschriften wurde bereits an die Bundestagsabgeordneten übergeben.
SPD, Grüne und Linke befürworten Liberalisierung
Nachdem die Kommission im April ihre Empfehlungen veröffentlicht hatte, haben sich die SPD und die Grünen für eine Liberalisierung ausgesprochen. Auch Leni Breymaier von der SPD hat den Vorstoß des Bündnisses begrüßt. “Schwangerschaftsabbrüche gehören nicht ins Strafgesetzbuch,” unterstrich sie und kritisierte, die aktuellen Regelungen seien überholt.
Auch Ulle Schaus von den Grünen sieht in dem Vorschlag einen “gangbaren Weg” zur Liberalisierung. Gökay Akbulut von der Linkspartei unterstützt ebenfalls die Reform und fordert, dass Schwangerschaftsabbrüche “ein normaler Teil der Gesundheitsversorgung werden sollten – ohne Zwangsberatung”, und bezeichnet die Reform als “höchste Zeit”.
Bischofskonferenz pocht auf Schutz ungeborenen Lebens
Die Union, FDP und die AfD haben sich gegen eine Liberalisierung von Abtreibungen ausgesprochen. Auch aus der CDU kommt mittlerweile Kritik: Die Vorschläge stehen im Widerspruch zu den Maßstäben, die das Bundesverfassungsgericht für den Schutz ungeborenen Lebens festgelegt hat, so die CDU-Abgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker.
Die Deutsche Bischofskonferenz warnt ebenfalls davor, dass durch eine Reform der Anspruch auf den gleichen Schutz für ungeborenes und geborenen Lebens gefährdet wird. Sie beruft sich auf eine Stellungnahme des Bundesverfassungsgerichts, das besagt, dass ab der Einnistung einer befruchteten Eizelle von einem menschlichen Leben ausgegangen werden muss.
Laut der Bischofskonferenz sei es widersprüchlich, dass die Schutzbedürftigkeit des Ungeborenen als Argument für weniger staatlichen Schutz angeführt wird.
Der Verein Donum Vitae, der ungewollt Schwangere berät, lehnt den Vorschlag ab, da er dem staatlichen Schutzauftrag für alle Beteiligten entgegenstehe. Auch die vorgeschlagene Umstellung von einer Pflichtberatung zu einem freiwilligen Angebot könnte laut der Organisation die Wirksamkeit des Schutzes mindern.
Der Deutsche Caritasverband und der Fachverband Sozialdienst katholischer Frauen plädieren ebenfalls für die Beibehaltung der Beratungspflicht und eine Regelung im Strafgesetzbuch, die sowohl die Rechte der schwangeren Frauen als auch der Kinder ernst nimmt.