Vor 75 Jahren, nach den Jahren der NS-Diktatur, wurden der Bundestag und der Bundesrat gegründet. Ratspräsidentin Schwesig lobte die deutsche Demokratie als bemerkenswerte Erfolgsgeschichte, warnte jedoch vor antidemokratischen Kräften und bezeichnete dies als ein “Warnsignal”.
Anlässlich eines doppelten Jubiläums fand heute eine Feier zu Ehren des 75-jährigen Bestehens von Bundesrat und Bundestag statt. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas lud Bürgerinnen und Bürger zu einem Dialog nach Berlin ein, während der Bundesrat zu diesem Festakt an seinen historischen Standort in Bonn zurückkehrte.
Manuela Schwesig, die aktuelle Bundesratspräsidentin, erinnerte das Publikum an das Motto des Bundesrats “Einheit in Vielfalt”. Sie betonte, dass der Bundesrat eine Lehre aus den Erfahrungen der Weimarer Republik sei und als Antwort auf die Willkür und Gewalt des nationalsozialistischen Deutschlands diene. “Keine politische Kraft sollte zu viel Macht haben”, so Schwesig.
Schwesig fügte hinzu: “Obwohl unser politisches System manchmal komplex erscheint, sorgt die starke Rolle der Länder im Bundesrat dafür, dass viele mitbestimmen können. Wenn viele beteiligt sind, wird das System stabiler und die Entscheidungen sind fundierter.” So entscheiden neben dem Bundestag auch die Länder über Gesetze und es geht darum, gute Lösungen und Kompromisse zu finden.
Bundesrat
Aufgaben des Bundesrates
Der Bundesrat ist maßgeblich an wichtigen politischen Entscheidungen beteiligt. Wenn ein Gesetz im Bundestag beschlossen wird, kann der Bundesrat zustimmen, es ablehnen oder Einspruch einlegen. Etwa einmal im Monat besprechen die Mitglieder neue Gesetze und erörtern den Bedarf an neuen Regelungen oder Änderungen bestehender Gesetze.
Zusammensetzung des Bundesrates
Der Bundesrat setzt sich aus den politischen Vertretern der 16 Bundesländer zusammen und besteht aus 69 Mitgliedern. Jedes Bundesland hat mindestens drei und höchstens sechs Stimmen, abhängig von der Einwohnerzahl. Die Vertreter sind Mitglieder der jeweiligen Landesregierung. Der Bundesratspräsident wird jährlich gewählt und steht für den Bundespräsidenten.
Schwesig: “Nie wieder Diktatur” ist ein aktuelles Thema
Die SPD-Politikerin sprach auch über das gute Resultat der AfD bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen. Ein wachsender Teil der Bürgerinnen und Bürger habe eine Partei gewählt, bei der Zweifel an ihrer Verfassungstreue bestehen, so Schwesig. “Das mag nicht die Mehrheit sein, aber es ist ein klares Warnsignal.” Das Motto “Nie wieder Diktatur” ist aktueller denn je, betonte sie.
“Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. Wir müssen sie nicht nur schützen, sondern auch aktiv erklären und anpassen,” fügte Schwesig hinzu. Es müssen nun drei Schritte unternommen werden: die Politik sollte aktiv um das Vertrauen der Bürger werben; die Herausforderungen des Landes müssen gemeinsam und ohne ständige Konflikte angegangen werden; und antidemokratische Kräfte dürfen keine Verantwortung übernehmen.
Wüst lobt Bundesrat als Problemlöser
Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst, hob die Problemlösungsfähigkeiten des Bundesrates hervor: “Ein handlungsfähiger Staat, der aktiv Probleme angeht, ist entscheidend zur Verteidigung einer stabilen Demokratie,” sagte der CDU-Politiker.
Der Bundesrat habe bewiesen, dass er in der Lage sei, Herausforderungen aktiv zu bewältigen. “Diese Fähigkeit zur Verständigung und zum Handeln wünsche ich dem Bundesrat auch für die nächsten 75 Jahre. Ein Teil davon darf gern auf den Bundestag und die Bundesregierung abfärben,” so Wüst weiter.
Bas nennt Demokratie “Erfolgsgeschichte”
Am 7. September 1949 nahm der Bundesrat als erstes Verfassungsorgan der westdeutschen Bundesrepublik in Bonn seine Arbeit auf. Die Vertreter der damals elf Länder trafen sich zur ersten Sitzung. Seit seiner Gründung hat der Bundesrat 1.046 Sitzungen abgehalten und 8.853 Gesetze mitbeschlossen. Nur wenige Stunden später konstituierte sich auch der Bundestag mit 410 Abgeordneten.
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas würdigte die Demokratie in Deutschland als Erfolgsgeschichte: “Innerhalb der letzten 75 Jahre hat sich der Bundestag zu einem mächtigen politischen Parlament entwickelt,” bemerkte sie.
Der Bundestag kontrolliert die Regierung, entscheidet über bewaffnete Auslandseinsatzhandlungen der Bundeswehr und steht im ständigen Austausch mit den Bürgern. “Das macht den Erfolg der deutschen Demokratie nach dem Zweiten Weltkrieg aus,” so Bas weiter.
Bas: “Fähigkeit zum Kompromiss” als Stärke
“Die Stärke unseres Parlaments war stets der respektvolle Umgang miteinander und die Fähigkeit zum Kompromiss,” so Bas weiter. “Auch wenn viele Menschen heute mit der Politik unzufrieden sind, bin ich überzeugt, dass wir das Vertrauen der Bürger zurückgewinnen können, indem wir uns auf unsere Stärken besinnen.”
An der Veranstaltung nahmen hochrangige Gäste, darunter Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Vertreter der 16 Bundesländer, sowie internationalen Gäste aus verschiedenen Ländern teil.