Die Abschiebung nach Afghanistan stößt auf heftige Kritik von Menschenrechtlern, während die beteiligten Länder den Schritt begrüßen und weitergehende Abschiebungen fordern. Kanzler Scholz bezeichnet dies als ein “deutliches Zeichen” an Straftäter.
Erstmals seit der Machtübernahme der Taliban hat Deutschland Menschen nach Afghanistan abgeschoben. Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte, dies sei ein Signal an alle Straftäter: “Wer Straftaten begeht, kann nicht darauf hoffen, dass wir ihn nicht abschieben; im Gegenteil, wir werden alles tun, um das zu erreichen.” Dies äußerte der SPD-Politiker während eines Wahlkampftermins in der Nähe von Leipzig.
Scholz fügte hinzu: “Wir haben angekündigt, dass wir auch Straftäter nach Afghanistan abschieben werden. Das war gründlich vorbereitet, und zwar diskret, denn solch ein Vorhaben gelingt nur mit sorgfältiger Planung. Heute erfolgte die Abschiebung.”
Der Abschiebeflug startete am Morgen vom Flughafen Leipzig/Halle. Laut Bundesinnenministerin waren 28 verurteilte Straftäter an Bord. Ein Regierungssprecher bestätigte, dass diese afghanischen Staatsangehörigen, die kein Bleiberecht in Deutschland hatten, eine Ausweisung zugewiesen bekommen hatten.
Zu den Abgeschobenen gehören auch als gefährlich eingestufte Personen, denen von den Sicherheitsbehörden schwerwiegende politisch motivierte Straftaten zugetraut werden.
Nouripour: Abschiebungen “im großen Stil nicht möglich”
Vizekanzler Robert Habeck betonte: “Mörder, Islamisten, Vergewaltiger und Schwerkriminelle, die unser Schutzsystem missbrauchen, müssen unser Land verlassen.” Er unterstrich jedoch die Wichtigkeit, das Asylrecht zu bewahren, um ungeschützte Menschen und Opfer von Gewalt zu schützen: “Diesen Unterschied zu machen, ist wesentlich.”
Grünen-Chef Omid Nouripour äußerte Bedenken hinsichtlich weiterer Abschiebungen und erklärte, dass großflächige Rückführungen nicht möglich seien. “Eine Zusammenarbeit mit den Taliban ist unmöglich, da sie von keiner Demokratie anerkannt werden sollten.” Er warnte, die Abschiebungen dürften nicht zur Legitimation der Taliban beitragen.
Nouripour betonte zudem, dass das Handeln der Sicherheitsbehörden rechtskonform sein müsse und einer gerichtlichen Überprüfung standhalten solle. “Technisch vielleicht machbar, in Einzelfällen – wie beim jüngsten Flug, der über Katar organisiert wurde.”
Er ergänzte: “Wir haben immer wieder klargestellt, dass wir Schwerkriminelle in unserem Land nicht dulden.” Unbescholtene, insbesondere Familien und Kinder, die vor radikalen Islamisten fliehen, müssten jedoch Schutz genießen.
Kritik von Menschenrechtlern
Menschenrechtsorganisationen äußern scharfe Kritik an den Abschiebungen. Sie warnen, dass niemand in ein Land abgeschoben werden sollte, in dem Folter droht. Die Bedingungen in Afghanistan unter Taliban-Herrschaft stellen eine ernsthafte Gefährdung für die dortigen Menschen dar.
Es wird befürchtet, dass die Bundesregierung sich zur Komplizin der Taliban macht, indem sie Menschen dorthin abschiebt.
Forderungen nach weiteren Abschiebungen
Die beteiligten Bundesländer begrüßten die Maßnahme. Aus Hessen wurden sechs, aus Bayern drei, aus Baden-Württemberg fünf und aus Thüringen ein Straftäter nach Afghanistan abgeschoben.
Hessens Ministerpräsident forderte, dass Flüchtlinge, die schwere Straftaten begehen, unser Land verlassen müssen. Auch der bayerische Innenminister äußerte die Notwendigkeit weiterer Abschiebungen, insbesondere nach Afghanistan und Syrien.
“Ausdruck eines handlungsfähigen Rechtsstaates”
Der baden-württembergische Migrationsstaatssekretär informierte, dass fünf schwere Straftäter nach Afghanistan abgeschoben wurden, was als Gewinn für die Sicherheit des Landes interpretiert wird.Weitere Abschiebungen müssten ermöglicht werden.
Unter den Abgeschobenen befindet sich unter anderem ein verurteilter Straftäter, der mehrfach wegen schwerer Gewaltdelikte verurteilt wurde.
Bericht: Abschiebung seit zwei Monaten vorbereitet
Berichten zufolge erhielt jeder Abgeschobene vor dem Flug 1.000 Euro Handgeld, und es war ein Arzt an Bord. Die Rückführung nach Afghanistan wurde mehrere Monate lang vorbereitet.
Nach einem tödlichen Vorfall in Mannheim hatte der Bundeskanzler die Wiederaufnahme von Abschiebungen für Schwerkriminelle und terroristische Gefährder angekündigt.
Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan befürchtet
Besonders die Grünen und die Außenministerin äußerten Skepsis gegenüber den Abschiebungen und warnten vor der indirekten Anerkennung der Taliban-Regierung. Es wird jedoch angemerkt, dass Abschiebungen in Einzelfällen machbar sein könnten.
Die umstrittene Abschiebung nach Afghanistan stellt für viele ein Risiko dar, da dort Menschenrechtsverletzungen drohen. Währenddessen drängen Innenminister auf die Rückführung von Schwerkriminellen.
Die Bundesinnenministerin kündigte an, dass bald weitere Abschiebungen stattfinden könnten, während die Bundesregierung Unterstützung von Nachbarstaaten umwirbt.