Zwei Gerichte haben Asylsuchenden Recht gegeben, die gegen die Bestimmungen der Bezahlkarte geklagt hatten. Obwohl die Maßnahme selbst nicht abgeschafft wurde, ist eine genauere Betrachtung der Lebensumstände erforderlich.
Die geplante Einführung der Bezahlkarte für Asylsuchende, die nur Kartenzahlungen oder Bargeldobergrenzen vorsieht, stößt auf Widerstand. Jetzt liegen die ersten Gerichtsurteile vor, doch sie sind noch nicht rechtskräftig.
Das Sozialgericht Nürnberg hat in dieser Woche zu Gunsten zweier geflüchteter Personen entschieden, die gegen diese Einschränkungen geklagt hatten. Eine der Klägerinnen wies darauf hin, dass sie mit der Bezahlkarte keine günstigen Online-Einkäufe tätigen kann und dass die Genehmigung für eine Mitgliedschaft in Sportvereinen erforderlich ist. Die zweite Klägerin brachte ähnliche Argumente vor.
Persönliche Lebensumstände berücksichtigen
Bereits eine Woche zuvor hatte das Sozialgericht Hamburg festgestellt, dass starre Bargeldobergrenzen den besonderen Bedürfnissen von Schwangeren oder Familien mit Kleinkindern nicht gerecht werden können. Eine geflüchtete Familie, die in diesem Jahr ihr zweites Kind erwartet, stellte einen Antrag auf Erhöhung des Bargeldbetrags, das Gericht sprach ihr nun 270 Euro statt 110 Euro zu.
Beide Gerichte unterstrichen die Notwendigkeit, die individuellen Lebensumstände der Antragstellenden zu berücksichtigen, betonten jedoch, dass sie die Bezahlkarte als solche nicht in Frage stellen.
Sinnvolles Instrument oder Symbolpolitik?
In vielen Kommunen erhalten Asylsuchende mittlerweile eine guthabenbasierte Karte mit Debit-Funktion, die für alltägliche Ausgaben eingesetzt werden soll. Jedes Bundesland entscheidet über die Höhe des Bargeldbetrags und zusätzliche Funktionen der Karte.
In Bayern sind diese Karten seit Ende Juni im Einsatz. Asylsuchende können damit in Geschäften einkaufen und monatlich bis zu 50 Euro in bar abheben. Die Karten sind jedoch regional beschränkt und nicht für Online-Einkäufe vorgesehen.
Überweisungen ins Ausland sind mit den Bezahlkarten nicht möglich. Die Ministerpräsidenten haben die Maßnahme als Instrument gegen “schlepperkriminalität” und zur Verringerung des Verwaltungsaufwands beworben.
Städte- und Gemeindebund fordert Kriterienkatalog
Doch stellt sich die Frage, ob der Verwaltungsaufwand tatsächlich gesenkt wird, wenn die Behörden nun die individuellen Lebensumstände der Geflüchteten überprüfen müssen. “Wir hätten uns eine bundesweit einheitliche Regelung gewünscht”, äußerte ein Sprecher des Städte- und Gemeindebunds.
Es sei wichtig, Kriterien zu entwickeln, wie der Bargeldbetrag in speziellen Situationen ermittelt werden kann. Ein solches Regelwerk könnte die Prüfungen beschleunigen und dennoch die individuellen Bedürfnisse der Geflüchteten berücksichtigen.
“Richtlinien für die Bestimmung des Bargeldbedarfs in besonderen Situationen, wie Schwangerschaft oder Alleinerziehung, könnten zur Senkung des Verwaltungsaufwands beitragen”, ergänzte er.
Besonders positiv hervorzuheben ist, dass die Gerichte die Bezahlkarte nicht grundsätzlich ablehnen und feststellen, dass Bargeldbegrenzungen möglich sind.
Ist die Maßnahme verfassungskonform?
Von Anfang an gab es Bedenken, ob die Bezahlkarte verfassungskonform ist. Experten haben Bedenken geäußert, dass die Einführung einer solchen Karte juristische Schwierigkeiten mit sich bringen könnte.
Asylsuchende haben, wie alle Menschen in Deutschland, das Recht, am Gemeinschaftsleben teilzuhaben, was nicht ausschließlich mit einer Karte gedeckt werden kann.
Der Gesetzgeber hat grundsätzlich die Freiheit zu entscheiden, ob finanzielle oder Sachleistungen bereitgestellt werden, aber es ist entscheidend, dass der existenznotwendige Bedarf ausreichend gedeckt wird, auch im Rahmen der Bezahlkarte.
Die Differenzierung zwischen EC-Karten und Bezahlkarten könnte als diskriminierend angesehen werden, wenn es den Menschen nicht ermöglicht wird, an bestimmten gesellschaftlichen Aktivitäten teilzunehmen.
Pro Asyl: “Alltag mit vielen Unsicherheiten”
Menschenrechtsorganisationen wie Pro Asyl streben aktuell mithilfe mehrerer Klagen an, die Einführung der Bezahlkarten zu verhindern. “Ein Girokonto und eine reguläre EC-Karte stellen die menschenwürdige Alternative zur diskriminierenden Bezahlkarte dar,” so ein Sprecher der Organisation.
Die Organisation berichtet von erheblichen Schwierigkeiten, die Betroffene mit der Bezahlkarte haben. “Nicht alle Geschäfte akzeptieren die Karte, und manchmal sind auch Mindestbeträge erforderlich. Dies führt zu einem Alltag, der von Unsicherheit geprägt ist.”