Stefan Gelbhaar, der Grüne Politiker und Direktkandidat des Kreisverbands Berlin-Pankow für die Bundestagswahl, wurde aufgrund von Belästigungsvorwürfen, die er bestreitet, abgewählt. Der Kreisverband hat in einer neuen Abstimmung entschieden.
Am Mittwochabend war die Kulturmarkthalle in Prenzlauer Berg stark frequentiert. Aufgrund des hohen Interesses der Mitglieder des Pankower Kreisverbands fanden nicht alle Platz, und einige mussten die Abstimmung aus einem benachbarten Raum verfolgen.
Die Wahlversammlung sorgte für eine deutliche Wende innerhalb der Pankower Grünen im laufenden Bundestagswahlkampf. Die Basis hat entschieden, mit Julia Schneider, der aktuellen Vize-Fraktionschefin im Berliner Abgeordnetenhaus, und nicht mit Gelbhaar in den Wahlkampf zu ziehen. Schneider erhielt mehr als doppelt so viele Stimmen wie Gelbhaar.
Ombudsverfahren gegen Gelbhaar
Gelbhaar wurde Mitte November mit 98,4 Prozent von seinem Kreisverband zum Direktkandidaten gewählt. Ein Monat später wurden jedoch mehrere Belästigungsvorwürfe gegen ihn erhoben. Es wird berichtet, dass mindestens zehn Meldungen an die Ombudsstelle der Grünen eingegangen sein sollen.
Auf seiner Webseite äußert Gelbhaar, dass es sich um zwölf “Meldungen von Betroffenen” handelt, ohne jedoch klarzustellen, ob es sich um verschiedene Personen handelt.
Während der Wahlversammlung wies Gelbhaar die Vorwürfe zurück und betonte, dass er sich gegen falsche Behauptungen erfolgreich wehre. Zudem hat er zuvor in den Bundestagswahlen 2021 und der Berliner Wiederholungswahl Anfang 2024 seine Wahlkreise direkt gewonnen. Vergangene Woche hatte der Kreisvorstand ihn aufgefordert, seine Kandidatur zurückzuziehen, was er jedoch ablehnte.
Vorwürfe in Schaltkonferenz im Dezember
Die Debatte über Gelbhaar entstand aus einer Schaltkonferenz kurz vor dem Parteitag am 14. Dezember, in der ein Mitglied vor einer möglichen Belästigung warnte. Gelbhaar zwischenzeitlich seine Kandidatur zurückgezogen und sagte, er wolle die Vorwürfe parteiintern klären.
Mutmaßlich Betroffene äußern sich
Im aktuellen Ombudsverfahren meldeten sich Frauen, die anonym Vorwürfe geäußert hatten. Einige berichteten von Warnungen, die sie in den letzten fünf Jahren von anderen Mitgliedern bezüglich Gelbhaar erhalten hatten.
Eine Frau schilderte, dass Gelbhaar ihr am Rande einer Veranstaltung unprofessionelle Annäherungen gemacht habe, was zu ihrem Unbehagen führte. Sie berichtet von einem Vorfall, bei dem Gelbhaar sie ohne Zustimmung geküsst habe.
Gelbhaars Anwalt hat die Vorwürfe zurückgewiesen und spricht von erfundenen Anschuldigungen, die nicht konkret genug seien.
Gelbhaar in der Kritik
Bereits im letzten Jahr sind Gelbhaar ähnliche Vorwürfe gemacht worden. Frauen berichteten von unangemessenem Verhalten, welches bis zu Überraschungsanfragen für private Treffen reichte.
Diese Frauen betonen, dass sie sich aus Angst vor möglichen negativen Konsequenzen nicht öffentlich äußern konnten. Gelbhaar ist in der Partei gut vernetzt.
In einem aktuellen Interview äußerte Gelbhaar, dass er Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Verleumdung gestellt habe.