Analyse
Nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen ist klar: Die CDU ist auf die Unterstützung des BSW angewiesen, um eine stabile Regierung zu bilden. In Thüringen steht sogar die Frage nach einer Zusammenarbeit mit der Linken im Raum.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer zeigt sich nach einer kurzen Nacht sichtlich müde, als er am Morgen in der CDU-Zentrale in Berlin eintrifft. Traditionell trifft sich die Parteispitze hier nach Wahlen, während Kameras und Fotografen auf die Politiker warten. Politische Akteure, die den Fragen entkommen möchten, nutzen oft einen Ausweg über die Tiefgarage.
Der CDU-Spitzenkandidat betont, dass eine stabile Regierung in Sachsen notwendig ist, was jedoch bedeutet, dass persönliche Ambitionen und parteiinterne Differenzen zurückgestellt werden müssen.
Dies könnte eine Zusammenarbeit mit dem Bündnis von Sahra Wagenknecht einschließen, obwohl Kretschmer und die CDU skeptisch gegenüber diesem Ansatz sind. CDU-Chef Friedrich Merz bezeichnet diese neue Partei als „Kaderpartei einer Person“ und betont, dass Wagenknecht im Wahlkampf primär weltpolitische Themen angesprochen hat.
Kein natürlicher Partner
Eine natürliche Koalitionsoption für die CDU ist das BSW jedoch nicht. Merz äußerte sich diesbezüglich vage, als er sagte, er könne keine Antwort auf diese Frage geben.
Dennoch hat Merz den Landesverbänden die Freiheit für Verhandlungen über die Koalitionsbildung gelassen. Kretschmer sieht sich gezwungen, eine neue Richtung einzuschlagen, da seine bisherige Koalition mit den Grünen und der SPD abgewählt wurde, während eine Allianz mit der AfD ausgeschlossen bleibt.
Während Kretschmer sich noch einigermaßen fortschrittlich sieht, hat sein Parteikollege in Thüringen, Mario Voigt, es mit komplexeren Verhandlungen zu tun.
Voigt, der kurz nach Kretschmer in Berlin ankommt, hat bei komplizierteren Verhandlungen mehr Freiheiten. Theoretisch könnte eine klare Mehrheit nur durch eine Koalition mit dem BSW und den Linken erreicht werden, die in der Praxis jedoch schwierig sein könnte.
Eine Zusammenarbeit mit dem BSW wäre ein schwieriger Schritt für die CDU-Spitze. Wagenknecht, die früher SED-Mitglied war, hat im Wahlkampf klargemacht, dass sie eine Koalition nur unter bestimmten Bedingungen eingehen würde.
Tolerieren ist nicht regieren
Voigt gibt sich optimistisch, dass eine Einigung erzielt werden kann. Er hat das Vertrauen von Merz, der den Wahlkämpfern zuvor Vertrauen zugesichert hatte. Allerdings bleibt fraglich, ob dies auch für Gespräche mit der Linken gilt, mit der die CDU offiziell keine Zusammenarbeit beabsichtigt.
Am Tag nach der Wahl stellte Merz klar, dass der Unvereinbarkeitsbeschluss der Bundes-CDU mit der Linkspartei weiter bestehen bleibt. Eine Regierung aus CDU, BSW und Linkspartei in Thüringen scheint somit ausgeschlossen.
Debatte um Umgang mit der Linken
Angesichts dieser komplexen Situation scheinen einige Mitglieder der Parteispitze uneindeutige Antworten zu geben. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner betont, dass in den Ländern selbst Entscheidungen getroffen werden sollen, um eine stabile Regierung zu bilden.
Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Bundestagsfraktion, sieht jedoch keinen Spielraum für Gespräche mit der Linken und hebt die klare Parteienlinie der CDU hervor.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther hat sich bereits seit längerem für einen offenen Umgang mit der Linken ausgesprochen und wurde dafür kritisiert. Er hat am Morgen einen Ausweg über die Tiefgarage gewählt, um sich nicht weiter zu äußern. Die Debatte um die Linkspartei wird zunehmend kontrovers.
Möglicherweise steht die CDU vor der Herausforderung, eine Minderheitsregierung zu bilden, falls die Linke bereit ist, die CDU zu dulden. Diese Komplexität zeigt, dass die politische Lage alles andere als einfach ist.
Flexibilität gefragt
Innerhalb der CDU besteht die Befürchtung, dass ein Weichen des Unvereinbarkeitsbeschlusses mit der Linken auch zu einer Diskussion über eine mögliche Zusammenarbeit mit der AfD führen könnte. Insbesondere in der ostdeutschen Basis gibt es Stimmen, die besagen, dass es bei der AfD auch vernünftige Politikan gibt.
Gleichzeitig könnte Merz Widerstand von konservativen Parteifreunden erfahren, die mit “Kommunisten” – egal ob BSW oder Linken – nichts zu tun haben wollen. Nach den herausfordernden Wahlergebnissen in Thüringen und Sachsen ist politische Flexibilität nötiger denn je.