Der mutmaßlich islamistische Messeranschlag in Solingen hat die politische Landschaft erschüttert und die Landesregierung in Baden-Württemberg veranlasst, ein umfassendes Maßnahmenpaket zu präsentieren, das auch ein neues Anti-Terror-Zentrum beinhaltet.
In Reaktion auf den islamistischen Anschlag in Solingen und die tödliche Messerattacke auf einen Polizisten in Mannheim hat die grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg ein neues Sicherheitspaket beschlossen. Die Maßnahmen zielen darauf ab, die Überwachung potenzieller Extremisten zu verbessern und die Abschiebungen von Straftätern sowie abgelehnten Asylbewerbern zu beschleunigen.
Neues Anti-Terrorzentrum zur Koordination der Sicherheitsarbeit
“Ohne innere Sicherheit gibt es keine Freiheit”, äußerte Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Innenminister Thomas Strobl stellte die neuen Maßnahmen vor, darunter die Einrichtung eines Staatsschutz- und Anti-Terrorismuszentrums (SAT BW) unter dem Landeskriminalamt (LKA). Dieses Zentrum soll Informationen über potenzielle Gefährder bündeln und die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden optimieren. Zusätzlich erhält die Polizei erweiterte Möglichkeiten zur Nutzung von Künstlicher Intelligenz bei der Datenanalyse.
Beschleunigung der Abschiebungsprozesse
Um die Abläufe zu optimieren, plant die Regierung die Stärkung des “Sonderstab Gefährliche Ausländer” im Ministerium für Justiz und Migration, um schnellere Identifizierungen und Abschiebungen krimineller Ausländer zu ermöglichen.
Zudem wird eine weitere Asylkammer eingeführt, um die oft langwierigen Verfahren zu beschleunigen. Bereits im Juli wurden an den vier Verwaltungsgerichten spezialisierten Kammern eingerichtet, um Asylfälle effizient zu bearbeiten.
Kosten für Sicherheitsmaßnahmen zwischen 15 und 20 Millionen Euro
Für die Umsetzung dieser Maßnahmen sollen zusätzliche Stellen für Cyber- und Ermittlungsfachkräfte sowie Richter geschaffen werden. Die Gesamtkosten werden auf 15 bis 20 Millionen Euro geschätzt, wobei die Finanzierung noch nicht finalisiert ist.
Finanzminister Danyal Bayaz hatte zuvor den Haushaltsentwurf vorgestellt, doch Innenminister Thomas Strobl meldete nun einen erhöhten Bedarf an Personal zur Datenanalyse.
Auch automatisierte Kennzeichenlesesysteme sollen beschafft werden, um Bewegungsprofile von Gefährdern zu erstellen und verdächtige Personen schneller zu identifizieren.
Neben der Strafverfolgung setzt die Landesregierung auf bereits etablierte Präventionsprogramme in Schulen und Asylunterkünften, um Extremismus langfristig zu bekämpfen und das Integrationsmanagement zu stärken.
Gemeinsame Bundesratsinitiativen im Sicherheitsbereich
Baden-Württemberg plant zusammen mit der Regierung in Nordrhein-Westfalen Bundesratsinitiativen im Bereich Migrations- und Sicherheitspolitik. Nach den tödlichen Vorfällen in Solingen und Mannheim haben beide Länder ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Sicherheitslage und zur Bekämpfung islamistischer Tendenzen erarbeitet.
Die Regierungen fordern unter anderem den Zugang zu Verkehrsdaten zur Aufklärung von Straftaten und zur Identifikation von konspirativen Täternetzwerken. Zudem will man sicherstellen, dass nur schutzbedürftige Personen nach Deutschland einreisen und die Hürden für Abschiebungen gesenkt werden.
Kritik von der Grünen Jugend
Die Grüne Jugend hat scharfe Kritik an den neuen Plänen geübt und betont, dass Migration nicht pauschal mit Sicherheitsbedenken verknüpft werden sollte. Die Co-Sprecherinnen forderten eine differenzierte Betrachtung von Radikalisierung und Rechtsextremismus und wiesen darauf hin, dass jede Vereinfachung eine verpasste Chance darstellt.