Ab 2025 wird das Auswärtige Amt große Teile des Visa-Verfahrens digitalisieren, um Fachkräfte schneller nach Deutschland zu holen und bürokratische Hürden abzubauen.
Visa-Bewerber äußern in Online-Foren oft Frustration über die deutsche Bürokratie: “Es ist superschwierig, einen Termin zu bekommen”, berichtet ein Student aus Marokko. Ein anderer Bewerber hat den Tipp, die deutsche Botschaft in einer E-Mail über die Schönheit des Landes zu begeistern, was ihm zu einer reibungslosen Abwicklung verhalf.
Es besteht kein Zweifel, dass Der Bedarf an Verbesserungen dringend ist. Auch Außenministerin Annalena Baerbock spricht häufig von der Masse an Dokumenten, die in Botschaften durch die Büros geschoben werden, während Bewerber oft Monate auf ihre Visa warten müssen. Der geplante digitale Prozess, der 2025 startet, wird als “Revolution” bezeichnet und gehört zu den Hauptprojekten der Ministerin.
Jährlich 2,3 Millionen Visa-Anträge
Im Durchschnitt bearbeitet das Auswärtige Amt jährlich 2,3 Millionen Visa-Anträge. Der größte Wachstumsbereich wird jetzt digitalisiert: “Die Anträge auf nationale Visa für Langzeitaufenthalte nehmen stark zu”, erklärt Clemens Kohnen, Sonderbeauftragter für Visa-Digitalisierung. Jedes Jahr werden nahezu 500.000 Anträge geprüft, darunter für Fachkräfte, Studierende und Familienzusammenführungen. Das Ziel ist es, möglichst viele dieser Anträge über das neue Auslandsportal zu bearbeiten.
Die meisten Anträge stammen derzeit aus der Türkei, Indien und China, jedoch auch kleinere Stellen wie die in Reykjavik verarbeiten Anträge. Botschaften in Krisenregionen stehen oft vor zusätzlichen Herausforderungen bei der Umstellung auf digitale Verfahren.
Die benutzerfreundliche Website führt die Nutzer durch einen Fragebogen: “Wie lange möchten Sie bleiben?” oder “Welche Berufsqualifikation haben Sie?” Idealerweise erhalten die Nutzer am Ende den gewünschten Antragslink und Informationen zu fehlenden Dokumenten.
Entwicklungskosten von 13,6 Millionen Euro
Das Portal wurde seit 2021 mit insgesamt 13,6 Millionen Euro entwickelt. Es wurde darauf geachtet, dass die Nutzung intuitiv ist, und erste Tests zeigen, dass Übersetzungsfunktionen im Browser die Sprachbarriere überwinden helfen.
Bisher war der Antragsprozess sehr papierlastig und es gab lange Wartezeiten für einen Schaltertermin. Ein Bearbeitungstermin konnte bis zu 20 Minuten dauern, oft mit Nachfragen, die zusätzliche Termine erforderlich machten. Die Einführung des Portals soll diese Wartezeiten verkürzen, wie bereits in Pilotprojekten in Brasilien und China erfolgreich getestet wurde.
Priorität für Fachkräfte
Unternehmen, die Fachkräfte im Ausland anwerben, sollen von der Digitalisierung ebenfalls profitieren, um Planungssicherheit zu gewinnen. Aufgrund der gestiegenen Wartezeiten bei nationalen Visa ist es schwierig geworden, die benötigten Arbeitskräfte zu gewinnen. Der neue Prozess wird daher darauf abzielen, Fachkräfte prioritär zu behandeln.
Um mehr Termine zu schaffen und Wartezeiten zu verkürzen, gibt es zudem Unterstützung von Mitarbeitern, die als “Visaspringer” aushelfen und Anträge aus Deutschland bearbeiten.
Sicherheit des Auslandsportals
Der Launch des Auslandsportals fällt in einen Wahlkampf, in dem Migrationsfragen stark diskutiert werden. Das Auswärtige Amt möchte kritische Stimmen im Vorfeld adressieren, betont jedoch, dass der digitale Prozess ebenso sicher ist wie der Papierantrag. Ein persönlicher Termin bleibt auch weiterhin notwendig, und Fingerabdrücke werden weiterhin erforderlich sein, um die Echtheit der Dokumente zu überprüfen.
Dennoch gab es bereits erste Versuch, das Portal anzugreifen. Das Auswärtige Amt hat bestätigt, dass man mit zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen reagiert hat, um solchen Bedrohungen künftig zu begegnen.