Analyse
Die Unterstützung der AfD wandelt sich von einer reinen Protestwahl zu einer Anerkennung ihrer Problemlösungskompetenz. Was sind die Gründe für diesen Wandel?
In Thüringen und Sachsen sorgt die Radikalität der AfD-Landesverbände für ein mulmiges Gefühl innerhalb der Partei. Die Anzahl der neu gewonnenen Mandate bringt viele noch unbekannte Mitglieder in den Landtag, was bereits in der Vergangenheit zu negativen Schlagzeilen durch extremistische Äußerungen führte.
Höckes Auftreten sorgt auch innerhalb der AfD für Kritik
Funktionäre befürchten, dass Björn Höcke als Spitzenkandidat in Thüringen das Wahlergebnis negativ beeinflusst haben könnte. Dabei geht es weniger um seine radikalen Ansichten, sondern um seine öffentliche Auftrittsweise als rechtsextremer Landesvorsitzender.
Trotz dieser Bedenken erzielte die AfD in beiden Bundesländern über 30 Prozent der Stimmen. In Thüringen wird sie zur stärksten Kraft, während sie in Sachsen knapp hinter der CDU den zweiten Platz belegt. Erstmals wählen viele die AfD, weil sie ihr zutrauen, Probleme zu lösen.
Das AfD-Paradoxon
Paradoxerweise erhält die AfD mit einem radikaleren Auftreten mehr Wählerstimmen, während andere Parteien eine Zusammenarbeit mit ihr ausschließen. Trotz der erzielten Stimmenzahl ist die AfD von einer absoluten Mehrheit weit entfernt und benötigt einen Koalitionspartner, um regieren zu können.
Unmittelbar nach der Wahl forderten die AfD-Co-Chefs, die Partei müsse an der Regierung beteiligt werden, und verurteilten Bedenken als undemokratisch.
Mehrheit gegen eine Regierungsbeteiligung der AfD
In den Führungskreisen der AfD ist man sich sicher, dass Gespräche mit anderen Parteien unwahrscheinlich sind, vor allem aufgrund der polarisierenden Präsenz von Höcke. Dennoch wird die Forderung nach Regierungsbeteiligung aufrecht erhalten, um Druck auf die CDU auszuüben.
Umfragen zeigen jedoch, dass eine klare Mehrheit der Menschen in Thüringen und Sachsen gegen eine Regierungsbeteiligung der AfD ist, was die Parteiführung in ein Dilemma bringt.
Von der Protest- zur Vertrauenspartei
Einst die klassische Protestpartei, hat sich die AfD dahingehend gewandelt, dass sie als mögliche Problemlöser eingeschätzt wird. Während interne Konflikte nach wie vor bestehen, arbeiten die Parteimitglieder daran, professioneller zu erscheinen.
Diese Bemühungen scheinen sich auszuzahlen, und erstmals wird der AfD eine ernsthafte Lösungskompetenz zugeschrieben.
Wähler trauen der AfD zu, Probleme zu lösen
Bei den Landtagswahlen befragten die Bürger, welche Themen ihnen am meisten am Herzen liegen. Erstmals zeigt sich, dass viele der Meinung sind, die AfD könne die drängenden Probleme lösen. In beiden Bundesländern hat die AfD das größte Vertrauen in den Bereichen Asyl- und Migrationspolitik, soziale Gerechtigkeit, Kriminalitätsbekämpfung, Vertretung ostdeutscher Interessen und im Umgang mit dem Ukraine-Konflikt.
Obwohl einige dieser Themen auf Bundesebene gelöst werden, verdeutlicht dies die starke Polarisierung in der politischen Landschaft. Wähler, die sich für die AfD entscheiden, folgen tendenziell extremen Positionen.
Bundespolitische Auswirkungen
Die Ergebnisse der Landtagswahlen in den kommenden Monaten werden Einfluss auf die Bundestagswahl haben. Sollten die Wähler die AfD von einer Regierungsbeteiligung ausschließen, könnte sich die Unzufriedenheit nur verstärken und die Erhebungen auf Bundesebene verschärfen.
Besonders besorgt sind die Führer der AfD, insbesondere die Ostverbände. Sie befürchten, dass die Wähler irgendwann die AfD für eine mögliche Regierungsunfähigkeit verantwortlich machen könnten und nicht nur auf Ankündigungen und Wahlkampfversprechen setzen wollen.
Die AfD und die Kanzlerfrage
Im Fokus steht nun die Erschließung der erzielten Wahlergebnisse, um möglicherweise einen Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl aufzustellen. Beobachter meinen, die erfreulichen Umfragewerte zwingen die Partei dazu, schneller zu handeln als ursprünglich geplant.
Nach dem Sommerinterview könnte es durchaus Sinn machen, eine vorzeitige Nominierung in Betracht zu ziehen, möglicherweise bereits in Verbindung mit den Landtagswahlen in Brandenburg, wo ebenfalls gute Ergebnisse für die AfD prognostiziert werden.