Schließungen und Investitionsstopps prägen die deutsche Wirtschaft: Bundeskanzler Scholz sieht sich beim Arbeitgebertag harscher Kritik gegenüber. Wirtschaftspolitik steht möglicherweise im Mittelpunkt des bevorstehenden Wahlkampfes.
Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger äußerte sich besorgt über die angespannte Stimmung in der Wirtschaft. Ein Viertel der Unternehmen mit über 3.000 Beschäftigten erwägt, ins Ausland abzuwandern.
Dulger betonte: „Selbst standorttreue Familienunternehmen denken darüber nach, Investitionen einzuschränken oder zu verlagern.“ Dies stellte er bereits beim Arbeitgebertag vor einem Jahr klar.
Scholz zeigte sich im Vorjahr optimistisch
Damals wirkte der Bundeskanzler optimistisch. Beim Arbeitgebertag und anderen Veranstaltungen hob er hervor, dass die Regierung beim Ausbau der Energieinfrastruktur neue Impulse gesetzt hatte.
Scholz betonte, dass die Maßnahmen der Ampelregierung fruchten würden und dass er als ehemaliger Hamburger Bürgermeister wisse, dass Klagen der Gruß des Kaufmanns sind.
Regierung korrigiert Konjunkturprognose
Die Rückmeldungen der Verbandsvertreter waren jedoch ernüchternd; viele fühlten sich in ihren Bedenken zur Wirtschaftslage nicht ernst genommen. Aktuelle Berichte aus der Autobranche verdeutlichen den Druck, dem viele Industriesektoren ausgesetzt sind.
Die Regierung musste ihre Wirtschaftsvorhersagen revidieren: Deutschlands Wirtschaft wird voraussichtlich in diesem Jahr zum zweiten Mal in Folge schrumpfen. Im Vergleich zu anderen großen Industrienationen steht Deutschland am unteren Ende der Tabelle und wird als “kranker Mann Europas” bezeichnet.
Wirtschaft im Fokus
Die Wirtschaft könnte ein zentrales Thema im bevorstehenden Bundestagswahlkampf werden. Getreu dem Motto eines Beraters von Ex-US-Präsident Bill Clinton: “Es geht um die Wirtschaft.”
Dies zeigte sich kürzlich auch in Bundestagsdebatten. Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) verknüpfte seine Kritik an Scholz mit der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung und warnte vor weiteren Rezessionsjahren.
Werksschließungen belasten Scholz
Scholz präsentiert sich mittlerweile weniger optimistisch als noch vor einigen Monaten. Überlegungen zu Werksschließungen bei VW sowie Probleme bei ThyssenKrupp sind für die Kanzlerwahl von Bedeutung.
Scholz nimmt die Offensive ein und kritisiert die CDU/CSU-Regierung für unzureichende Reformen, während er um jeden Industriearbeitsplatz kämpfen will. Er plant die Entwicklung einer neuen industriepolitischen Agenda in Zusammenarbeit mit Wirtschaft und Gewerkschaften.
Wachstumsinitiative im Fokus
Der Kanzler verweist auf die im Juli präsentierte Wachstumsinitiative, die schrittweise umgesetzt wird. Arbeitgeberpräsident Dulger fordert jedoch mehr Ambitionen der Bundesregierung.
Vor allem fordert er Fortschritte im Kampf gegen Bürokratie und Fachkräftemangel sowie Reformen, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern:
Wer arbeitet, sollte mehr verdienen als der, der nicht arbeitet.
Dulger: Investitionsstau gefährdet Zukunft
Dulger und Scholz sind sich einig, dass der Standort Deutschland nicht geschwächt werden darf, doch Dulger warnt vor einem Mangel an zukunftsorientierten Investitionen: „Wir brauchen schlichtweg mehr Investitionen, die sich bis in die 2030er Jahre auszahlen.“
Beim kommenden Arbeitgebertag wird Dulger erneut seine Forderungen und Anliegen vorbringen. Deren Umsetzung wird einen Hinweis darauf geben, ob die Wirtschaftspolitik in der Regierungsagenda an Bedeutung gewinnt.