Anke Rehlinger, die Ministerpräsidentin des Saarlandes, wurde zur neuen Präsidentin des Bundesrates gewählt. Ihr Einfluss innerhalb der SPD lässt vermuten, dass sie in weiteren politischen Funktionen angesehen wird – auch wenn sie möglicherweise nicht danach streben möchte.
Vor einer Woche versammelte sich der Parteivorstand der SPD im Willy-Brandt-Haus zur Klausurtagung. Bei der Pressekonferenz, die im Vorfeld stattfand, präsentierten sich Kanzler und die Parteivorsitzenden, gefolgt von Anke Rehlinger.
Als prominente Figur in der Partei wird Rehlinger häufig als mögliche Nachfolgerin für die Parteiführung genannt, falls die SPD die kommende Bundestagswahl verlieren sollte. Ob sie dies anstrebt, scheint für viele in der Partei unwichtig zu sein; es wird spekuliert, dass sie keine Wahl hat, wie ein einflussreicher Abgeordneter festgestellt hat.
Parteichefin in Reserve?
Rehlinger bekleidet die Position der stellvertretenden Vorsitzenden der SPD. Der Austausch des Saarlands gegen die Berliner Politik steht offenbar nicht weit oben auf ihrer Agenda.
Viele ihrer Parteigenossen betrachten sie allerdings als eine Sicherheitsreserve für die Parteiführung. Ihren Einfluss in Berlin nutzt Rehlinger nicht für persönliche Ambitionen, sondern äußert sich zurückhaltend zu nationalen Themen – vor allem, wenn es um das Saarland geht.
Pragmatismus vor Ideologie
In der Vorstandsklausur der SPD wurde ein Leitpapier verfasst, das sich mit sozialer Gerechtigkeit und Maßnahmen zur Ankurbelung der deutschen Wirtschaft befasst. Rehlinger war aktiv an der Erstellung beteiligt und betont die Wichtigkeit verlässlicher Antworten auf die besorgniserregende wirtschaftliche Lage.
Ihr Ansatz ist pragmatisch, sie möchte Probleme lösen, die die Menschen wirklich beschäftigen. Ein konkretes Beispiel ist die Unterstützung der Automobilzulieferindustrie in ihrem Bundesland. Um die Herausforderungen des Wandels zur Elektromobilität anzugehen, schlägt das SPD-Papier eine Kaufprämie für Elektroautos vor, obwohl Rehlinger zuvor nicht immer für solche Prämien gelegt hat.
Unter dem Motto “Zukunft durch Wandel” plant Rehlinger ihre Amtszeit als Bundesratspräsidentin. Anders als üblich möchte sie keine großen Auslandsreisen unternehmen, sondern Priorität auf die Verbesserung der deutsch-französischen Beziehungen und die Kontakte zu Polen legen. Ihre erste Amtshandlung führt sie nach Paris.
Lob auch aus CDU-Kreisen
Innerhalb der politischen Gemeinschaft wird Rehlinger für ihre praxisnahe Herangehensweise geschätzt. Ihre Vorgängerin Manuela Schwesig lobt sie als eine engagierte Ministerpräsidentin, die nah bei den Bürgern ist. Auch CDU-Kollegen äußern Anerkennung für ihren Pragmatismus und die Möglichkeit, unabhängige Entscheidungen zu treffen, die über gängige politische Linien hinausgehen.
Die Amtszeit der neuen Bundesratspräsidentin beginnt offiziell am 1. November. Beobachter in der SPD werden die Entwicklung genau verfolgen, um zu sehen, ob Rehlinger in ihrer neuen Rolle Erfolg hat. Ihr Verbleib als Parteichefin in Reserve wäre denkbar, auch wenn dies möglicherweise nicht in ihrem Interesse liegt.