Nach dem tragischen Anschlag in Solingen, bei dem drei Menschen starben, fordern Politiker entschiedene Konsequenzen, insbesondere in der Asylpolitik. Kanzler Scholz und NRW-Ministerpräsident Wüst werden am Vormittag in Solingen erwartet.
Bundeskanzler Olaf Scholz und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst werden am Vormittag Solingen besuchen, um den Opfern zu gedenken und sich mit Oberbürgermeister Tim Kurzbach auszutauschen.
Wüst forderte im ZDF eine erneute Beurteilung der aktuellen Lage durch das Auswärtige Amt, um Abschiebungen nach Syrien zu erleichtern. Er verlangte auch eine umfassende Aufarbeitung der Behördenintervention: “Es gibt viele Fragen, die geklärt werden müssen, und es muss Klartext gesprochen werden, wenn Fehler gemacht wurden.”
Mutmaßlicher Täter in Untersuchungshaft
Der Hauptverdächtige ist ein junger Mann aus Syrien, der sich am Samstagabend stellte und mittlerweile in Untersuchungshaft sitzt. Der Bundesanwaltschaft zufolge hat er sich der Terrormiliz “Islamischer Staat” angeschlossen.
Der IS reklamierte die Tat für sich, veröffentlichten ein Video, das den mutmaßlichen Täter zeigen soll. Unklar bleibt, ob es sich bei dem im Video auftretenden vermummten Mann tatsächlich um den Verdächtigen handelt. In dem Video erklärt er, dass die Tat eine Vergeltung für die Tötung von Muslimen sei.
Versäumnisse bei Bund und Ländern
Nach dem Anschlag fordern zahlreiche Politiker einen strengeren Kurs in der Asylpolitik. Diese Debatte wird vor den bevorstehenden Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen am Sonntag geführt.
CDU-Chef Friedrich Merz kritisierte die Regierung scharf und warf ihr eine “naive Einwanderungspolitik” vor. Er fordert nicht nur Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan, sondern auch einen Stopp für die Aufnahme von Flüchtlingen aus diesen Ländern, ohne jedoch konkrete rechtliche Umsetzungspläne vorzulegen.
Merz betonte, dass zum Handeln der Punkt erreicht sei, wo man nicht mehr nur Ritualreden halten dürfe. Er weist darauf hin, dass die Landtagswahlen keinen Einfluss auf seine Äußerungen haben sollen.
“Zeitlich unbegrenzte Abschiebegewahrsam“
Merz fordert dauerhafte Kontrollen an den deutschen Grenzen und die strikte Beachtung der Dublin-Regeln, die festlegen, dass der erste EU-Staat für einen Asylantrag verantwortlich ist. Zudem möchte er, dass ausreisepflichtige Straftäter in unbefristeten Abschiebegewahrsam genommen werden.
Der mutmaßliche Täter hätte nach Bulgarien abgeschoben werden sollen, hielt sich jedoch eine Zeit lang versteckt, was die Abschiebung vereitelte. Obwohl Merz zugibt, dass seine Vorschläge die Solinger Tat wahrscheinlich nicht hätten verhindern können, erläutert er die Notwendigkeit, das Thema von Einzelfällen zu lösen.
FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle kritisierte das Versagen auf Bundes- und Landesebene, indem er feststellte, dass keine Verantwortung zwischen Bund und Ländern auf diesem Gebiet übernommen wurde.
AfD-Chefin Alice Weidel forderte eine sofortige “Migrationswende” und sieht die Notwendigkeit, das Problem an der Wurzel zu packen.
Scholz und die SPD für Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan
Scholz hatte bereits im Juni nach einem tödlichen Messerangriff angekündigt, die Abschiebung von Schwerstkriminellen und terroristischen Gefährdern nach Afghanistan und Syrien wieder zu ermöglichen. Die Grünen setzen sich jedoch für eine Prüfung dieser Maßnahmen ein.
Vizekanzler Robert Habeck stellte klar, dass für Mörder, Terroristen und Islamisten keine Toleranz herrschen dürfe. Asylsuchende, die in diese Kategorien fallen, hätten in Deutschland ihren Schutzanspruch verwirkt.
SPD-Chefin Saskia Esken bekräftigte die Notwendigkeit, Straftäter und islamistische Gefährder konsequent abzuschieben. SPD-Innenpolitiker Dirk Wiese wies jedoch Merz’ Forderungen nach einem generellen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan zurück.
Mehr Befugnisse für Sicherheitsbehörden?
In der politischen Debatte um die richtigen Maßnahmen nach dem Anschlag in Solingen wird auch über die Befugnisse der Sicherheitsbehörden diskutiert. Innenministerin Nancy Faeser teilte mit, dass intensiv darüber beraten werde, welche Befugnisse die Behörden benötigen.
Auch der Bundespräsident forderte einen besseren Schutz, indem Sicherheitsbehörden mit notwendigen Befugnissen ausgestattet werden. Seine Einmischung in die Debatte ist eher untypisch.
CSU-Chef Markus Söder forderte anlasslose Kontrollen, auch in Fußgängerzonen, und argumentierte, dass Kontrollen beim Auto gang und gäbe seien, dies aber bei Fußgängern nicht zutreffe.